Bitkom sieht deutsche Klingeltonanbieter im Nachteil

Der ITK-Branchenverband kritisiert ein Urteil des OLG Hamburg, wonach ein Klingeltonhändler über die GEMA-Abgaben für Klingeltöne hinaus weitere Lizenzzahlungen an die EMI leisten muss. Die betroffene Telemedia kündigte Revision gegen das Urteil an.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sieht deutsche Klingeltonanbieter durch ein aktuelles Urteil (Az. 5 U 58/05) des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg) zur Lizenzierung von Klingeltönen benachteiligt. Das OLG hat nach Angaben des Bitkom heute entschieden, dass der Klingeltonanbieter Telemedia an den Musikverlag EMI Music Publishing direkte Lizenzgebühren zahlen muss – und zwar zusätzlich zu den bereits anfallenden Lizenzzahlungen an die Musikverwertungsgesellschaft GEMA. "Leider hat das OLG die ungerechte Doppel- und Dreifachlizenzierung in Deutschland nicht abgeschafft, beklagt Bitkom-Vize Jörg Menno Harms das Urteil. Dieses werde jedoch nicht rechtskräftig werden, da Telemedia bereits angekündigt habe, in Revision zu gehen. Dann müsse der Bundesgerichtshof (BGH) über diese grundsätzliche Frage entscheiden.

Deutsche Anbieter mono- und polyphoner Klingeltöne, die eine Melodie im Rahmen der technischen Möglichkeiten des Handy-Modells wiedergibt, müssen laut Bitkom derzeit zusätzlich zur GEMA-Lizenz eine direkte Lizenzgebühr an die Musikverlage bezahlen. Damit gingen insgesamt 30 Prozent der Erlöse der Klingelton-Händler an Komponisten, Texter und Musikverleger. Bei den Realtone-Klingeltönen, das heißt Ausschnitten der Originalaufnahme eines Songs, müsse ein weiterer Anteil des Umsatzes an Sänger und Musiker beziehungsweise deren Plattenfirmen gehen. Mit der Verbreitung leistungsfähigerer Handys nimmt der Marktanteil der Realtones zu. Erhalten die Musikverlage und Tonträgerfirmen ihre Forderungen aufrecht, würde der Lizenz-Anteil für Realtones bald bis zu 60 Prozent des Umsatzes an Klingeltönen ausmachen, befürchtet der Bitkom.

Für mono- und polyphone Klingeltöne müssen die Anbieter 12 Prozent des Erlöses an die GEMA entrichten. Die "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte", deren Anfänge ins Jahr 1903 zurückreichen, sieht sich als Treuhänderin der Nutzungsrechte von Musikschaffenden und schüttet Lizenzbeiträge an Komponisten, Textdichter und Musikverleger aus. Zusätzlich zur GEMA-Lizenz müssen deutsche Klingeltonhändler laut Bitkom umstrittene Lizenzabgaben an die Musikverlage, die die Rechte von Komponisten und Textautoren vertreten, als so genanntes "Bearbeitungsrecht" zahlen: Hierfür werden rund 18 Prozent des Klingelton-Umsatzes fällig. Bei Realtones verlangen – über diese beiden Lizenzen hinaus – die Tonträgerfirmen als Vertreter der Interpreten Lizenzen von weiteren 30 Prozent für die Verwendung der Originalaufnahme, die dann zum Beispiel als gekürzte MP3-Datei auf dem Handy landet.

Demzufolge müssten deutsche Anbieter zwei- bis dreimal höhere Lizenzgebühren für einen Klingelton abführen als Unternehmen im umliegenden Ausland, wo eine Lizenz der Verwertungsgesellschaft ausreicht, schätzt der ITK-Verband. In Deutschland hätten Anbieter von Ringtones dadurch einen entscheidenden Standortnachteil. "Wir sind durchaus für eine faire Vergütung der Urheber. Aus unserer Sicht ist es jedoch nicht rechtmäßig, sich mit Berufung auf das Persönlichkeitsrecht die Zustimmung zur Auswertung mehrfach abkaufen zu lassen", kritisiert Bitkom-Vizepräsident Harms.

Die Umsätze mit Klingeltönen betrugen nach dpa-Angaben 200 Millionen Euro im Jahr 2004 – mit steigender Tendenz. Dabei reicht das Verhältnis zwischen traditioneller Musikvermarktung und Ringtone-Business von Ablehnung bis zur Integration ins eigene Geschäftsmodell: Während Rapper Eminem gleich fünf Klingeltonverlage wegen unrechtmäßiger Nutzung seiner Songs verklagte, veröffentlichte Fabolous gleich eine eigene Rap-Single mit zusätzlichem Handy-Klingelton. (ssu)