ISSCC: Forschung an prothetischen Chips kommt voran

Neue Forschungen machen Chips beispielsweise als Prothesen bei Seh- und Hörbehinderungen realistisch.

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Von
  • Erich Bonnert

Auf der International Solid-State Circuits Conference (ISSCC) konnten Wissenschaftler einige Fortschritte bei der Entwicklung prothetischer Chips vorstetellen.

Um die Leistung von Cochlea-Implantaten zu verbessern, entwickelten beispielsweise Forscher der Universität von Michigan einen Dünnfilm-Elektrodenvektor. Bisher konnten solche Hörprothesen mit bis zu 20 Elektroden tauben Patienten Teile ihres Gehörs zurückgeben. Das Sprachverständnis und insbesondere der Genuss von Musik bleiben jedoch eingeschränkt. Dem Team von Professorin Pamela Bhatti gelang es, die Elektrodendichte auf 32 zu erhöhen und gleichzeitig Sensoren zur besseren Positionierung im Innenohr sowie Schaltungen zur Stimulierung zu integrieren. Dazu wurde ein 8 mm langer und 0,014 mm dicker Silizium-Substratstreifen mit 32 Elektroden aus Iridiumoxid bestückt. An der Basis ist das Substrat über 45 Goldverbindungen mit dem 5,76 mm2 großen Mikrocontroller verbunden, der außerhalb der Cochlea verbleibt. Der Chip wird in einem 0,5-Micron-CMOS-Prozess hergestellt. Das Implantat wurde an Meerschweinchen getestet und soll geeignet sein, künftig 128 Elektroden für ein 16- kanaliges Stimulationssystem des menschlichen Hörnervs aufzunehmen. Damit soll die Wahrnehmung variabler Tonhöhen im Vergleich zu bisherigen Prothesen drastisch verbessert werden.

Wissenschaftler aus Deutschland und den USA beschrieben zwei minimal-invasive Retina-Prothesen zur Stimulierung des Sehnervs bei blinden Patienten, die an einer Netzhautdegeneration leiden. Ingenieure der Firmen Sciworx aus Hannover und IIP aus Bonn kooperierten bei der Entwicklung einer 0,1 mm2 großen digital programmierbaren Pad-Zelle. Sie dienen als Grundlage für ein implantierbares Elektroden-Array, das mit angelegten Spannungsschwingungen von +/-15 Volt den Sehnerv mit Impulsen zwischen 4 Mikroampere und knapp 1 Milliampere stimulieren kann. Bisher waren nur Spannungsschwingungen von +/-7 Volt erzielt worden.

Die gemeinsam von den Hochschulen MIT Cambridge, Irvine, Cornell entwickelte Prothese trennt Elektroden und Stimulator-Chip. Der Chip sitzt dabei in der Augenhöhle. Signale und Energie erreichen das Retina-Implantat durch drahtlose induktive Kopplung. Das Implantat wird aus biegsamem Polyimid-Substrat hergestellt. Die besonders strom- und flächensparende Implementierung liefert eine Datenrate von 100 Kbit pro Sekunde bei einem Verbrauch von 1,3 Milliwatt. Der Chip besteht aus 30.000 Transistoren, die in 0,5-Mikron-Technologie hergestellt werden.

Siehe zum diesjährigen Halbleiterkongress ISSCC auch:

(Erich Bonnert) / (jk)