Störpotenzial von Handys im Flugzeug offenbar größer als bislang angenommen

Wissenschaftler der Carnegie Mellon Universität warnen vor der Benutzung von Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten während des Flugbetriebs. Deren Störeinflüsse könnten Bordnavigationssysteme bei Landungen unbrauchbar machen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Entgegen dem derzeitigen Trend, wonach Flugpassagiere schon bald nach Gutdünken mit dem Handy an Bord von Verkehrsflugzeugen telefonieren können sollen, warnen Wissenschaftler der US-amerikanischen Carnegie Mellon Universität (CMU) vor der Benutzung von Mobiltelefonen und anderen von Passagieren an Bord gebrachten elektronischen Geräten während des Flugbetriebs. Das elektromagnetische Störpotenzial solcher Geräte in Flugzeugen sei größer als bislang angenommen, halten die Forscher in einem Artikel für die März-Ausgabe des Magazins IEEE Spectrum fest. Besonders störanfällig seien dabei die Navigationssysteme der Jets.

Anders als etwa das deutsche Verkehrsministerium, das Untersuchungen zur Nutzung von elektronischen Geräten an Bord von Luftfahrzeugen in Laboren am Boden durchführen ließ (PDF-Datei), setzten sich die CMU-Forscher mit Zustimmung dreier Fluggesellschaften, der US-Flugaufsichtsbehörde FAA sowie der Transportation Security Administration selbst in die Flugzeuge und maßen auf zahlreichen Flügen die elektromagnetischen Emissionen in den Kabinen. Dabei stellte sich heraus, dass das, was eigentlich verboten ist, offenbar zur Selbstverständlichkeit gehört: Im Schnitt registrierte das in einer unauffälligen Tasche verstaute Mess-Equipment pro Flug bis zu vier Handytelefonate, die teilweise auch während der besonders kritischen Start- und Landphasen geführt wurden.

Insgesamt erfassten die Wissenschaftler über einen Zeitraum von drei Monaten (September bis November 2003) mehr als fünzig Stunden lang Daten, die sie später analysierten. Als besonders kritisch bewerten die Wissenschaftler um Bill Strauss die Störeinflüsse von Handys und PEDs (Portable Electronic Devices) auf im UKW-Bereich arbeitende Navigationssysteme wie das VOR (VHF-Omnidirectional Radio Range) und das Instrumenten-Landesystem sowie auf GPS-gestützte Avioniksysteme, die Frequenzen zwischen 1200 und 1600 MHz nutzen. "Anhand der Daten gehen wir davon aus, dass Mobiltelefone GPS-Instrumente bei Flugzeuglandungen unbrauchbar machen können", heißt es in dem Artikel.

Grund für die Probleme seien vor allem mangelnde Absprachen zwischen der für die Zulassung von Kommunikationsgeräten in den USA zuständigen Federal Communications Commission (FCC) und der Flugaufsichtsbehörde FAA (Federal Aviation Administration). Die von der FCC erlassenen RF-Spezifikationen für Mobiltelefone korrelierten nur minimal mit den Bedingungen, die in Flugzeugumgebungen vorzufinden seien, stellen die Autoren fest. Ob von Passagieren während des Fluges genutzte Elektronikgeräte für Abstürze in den vergangenen Jahren verantwortlich zu machen sind, darauf haben allerdings auch die CMU-Forscher keine konkreten Hinweise – auf Basis statistischer Auswertungen errechneten sie jedoch, dass innerhalb der letzten 12 Jahre mindestens ein Verkehrsflugzeug wegen PED-Interferenzen verunglückt sein dürfte. Tendenz steigend. (pmz)