EU-Wettbewerbshüter prüfen com-Vertrag

Der neue Vertrag zwischen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) und VeriSign über den Betrieb der com-Registry soll auf einen möglichen Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht überprüft werden.

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Von
  • Monika Ermert

Die EU-Generaldirektion Wettbewerb wird den neuen Vertrag zwischen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) und VeriSign über den Betrieb der com-Registry überprüfen. Ein offizielles Verfahren sei bislang nicht eröffnet, man werde jetzt aber den soeben vom ICANN-Vorstand beschlossenen Vertrag prüfen, teilte eine Sprecherin der Kommission auf Anfrage von heise online mit. Dabei soll ein möglicher Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht überprüft werden. Die Kommission bestätigte in diesem Zusammenhang auch noch einmal, dass es zu einem früheren Zeitpunkt Gespräche mit Vertretern der Coalition for ICANN Transparency (CFIT) gegeben hat. CFIT klagt vor einem US-Gericht gegen den Vertrag. Über mögliche weitere Klagen, die ICANN von Kritikern des umstrittenen Vertrages vorhergesagt wurden, ist derzeit nichts bekannt.

Der ICANN-Vorstand hatte am Dienstag dieser Woche mit neun gegen fünf Stimmen bei einer Enthaltung den neuen Vertrag mit VeriSign über den Betrieb der .com-Registry abgesegnet. Der Vertrag ist wegen seiner automatischen Verlängerung und der Lockerung der Preisobergrenzen vorab von Registraren und anderen am ICANN-Prozess beteiligten Interessengruppen strikt abgelehnt worden.

ICANNs Präsident und CEO Paul Twomey rechtfertigte den Vertrag in der vorliegenden Form damit, dass es nicht viel Spielraum bei der Aushandlung gegeben habe: "Wären wir mit einem weißen Blatt Papier in die Verhandlungen gestartet, hätte das Ergebnis anders ausgesehen". Allerdings seien Büro und Vorstand durch "die Verträge früherer Vorstandsbeschlüsse" gebunden gewesen. Eine Neuausschreibung, wie sie von vielen Kritikern angeregt worden war, wäre nur dann möglich gewesen, wenn VeriSign sich eines Vertragsbruchs schuldig gemacht hätte. Doch das wäre laut Twomey noch nicht einmal dann der Fall gewesen, wenn ICANN den Rechtsstreit um Sitefinder und neue Registry-Dienste gewonnen hätte.

Auch wenn einige Parteien nicht glücklich seien mit dem Deal, sei er doch für das Internet als Ganzes gut, da er den zwischen ICANN und VeriSign herrschenden "Kalten Krieg" beende, sagte Twomey. VeriSign sei nun ein Mitglied der Internetgemeinde. Für VeriSign zahlt sich dieser Schritt prächtig aus. Der Chef des Registrars GoDaddy, Bob Parsons, kalkulierte, dass VeriSign bei maximaler Ausschöpfung der Preisobergrenzen im nächsten Jahr 481 Millionen Euro und 2008 644 Millionen Euro Umsatz machen wird. NSI-Chef Champ Mitchell ließ sich nach der Entscheidung mit den Worten zitieren, ICANN habe dem US-Handelsministerum keine andere Wahl gelassen, als diesen Vertrag abzulehnen. Eine ganze Reihe von Registraren hat Einspruch bei der US-Aufsicht angekündigt.

Die Überprüfung durch die EU-Wettbewerbshüter dürfte diesseits wie jenseits des großen Teichs mit Spannung beobachtet werden. Schon einmal haben die Wettbewerbshüter einen ICANN-VeriSign-Vertrag überprüft, und zwar den aus dem Jahr 2000. Dabei sei es, so die Sprecherin, um die Nichtentbündelung der Registrar- und Registryfunktion gegangen. Durch den Verkauf von NSI 2003 habe sich das Verfahren erledigt. Von diesem Verfahren ist allerdings nicht viel an die Öffentlichkeit gedrungen. Ob das bei der aktuellen Überprüfung anders werden wird, bleibt abzuwarten. (Monika Ermert) / (se)