Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher" lässt wieder von sich hören

Mit einem neuen Online-Spot und der Vorführung von Urheberrechtsverletzern auf Plakaten will die umstrittene Initiative der Filmwirtschaft zeigen, dass die Spielräume für illegales Filesharing enger werden.

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Von
  • Stefan Krempl

Mit einem weiteren Online-Spot und dem Vorführen von Urheberrechtsverletzern auf Plakaten will die umstrittene Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher" zeigen, dass ihrer Ansicht nach die Spielräume für illegales Filesharing enger werden. "Raubkopierer können sich auch im Internet nicht sicher fühlen, denn es gibt mehr denn je effektive Möglichkeiten, sie dort ausfindig zu machen", erklärt Jan Oesterlin, neuer Geschäftsführer der hinter der Initiative stehenden Zukunft Kino Marketing GmbH (ZKM). Die seit zweieinhalb Jahren immer mit den gleichen Behauptungen auftretende Kampagne hat sich daher nach dem Werbeschwerpunkt Kino seit einem halben Jahr dem von ihr ausgemachten "Tatort Internet" direkt zugewandt.

Auch das neue Video ist eigens von der Agentur "Zum goldenen Hirschen" fürs Netz produziert worden und über eine Unterseite der Initiative "ganz legal" abspiel- und herunterladbar. Es hört auf den Titel "Kopfball" und will die "verzweifelte Suche nach den letzten Verstecken" von Urheberrechtsverletzern in "drastisch-humorvoller Tonalität" thematisieren. Gezeigt wird die Flucht eines vermeintlichen Raubkopierers, der sich vor den Ermittlern auf einem Bolzplatz zu verbergen sucht. Die erhoffte perfekte Tarnung als Fußball erweist sich am Ende jedoch als sprichwörtliches Eigentor.

Ergänzt wird die Fortsetzung der Aktion der Filmwirtschaft mit zwei neuen Plakaten, die in den Videotheken des Interessenverbands des Video- und Medienhandels in Deutschland (IVD) aushängen. Darauf werden exemplarisch verurteilte Urheberrechtsverletzer an den Pranger gestellt. Ein junger Mann mit dem Pseudonym Markus T. wurde demnach wegen Herunterladens aus illegalen Quellen am 13. Februar zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Eine weibliche Übeltäterin ("Daniela F.") soll zudem laut den Aushängen am 7. Februar die Quittung für ihre Raubkopier-Tätigkeit erhalten haben, da sie illegal gebrannte Filme auf einem Flohmarkt verkaufte und dafür 1000 Euro Strafe zahlen muss.

"Menschen wie Markus T. und Daniela F., die sich durch Raubkopien bereichern wollen, gibt es leider viele", erklärt Michael Panknin, Aufsichtsratsvorsitzender des IVD, den neuen Aufklärungsvorstoß. "Mit den Plakaten zeigen wir, dass sie nicht straffrei davon kommen." Dabei könne es noch härter kommen als in den beiden aufgezeigten Fällen: Je nach Schwere des Vergehens seien Urheberrechtsverletzer mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen, halten die Kampagnenmacher potenziellen Rechtsverletzern vor Augen. Auf gewerbsmäßiges Raubkopieren stehen sogar bis zu fünf Jahre Haft. Nach der Streichung der zunächst geplanten P2P-Bagetellklausel im Regierungsentwurf für die zweite Stufe der Urheberrechtnovelle wird sich an der Rechtslage in naher Zukunft voraussichtlich auch nichts ändern.

Beim Kampf gegen Urheberrechtsverletzer in Tauschbörsen verweisen die Initiatoren der Kampagne auf zwiespältige Ergebnisse. "Vor allem erfolgreiche Filme wie Ice Age 2 und Da Vinci Code sind online verfügbar und werden oft heruntergeladen", berichtet Petur Agustsson von den selbst ernannten "Internet-Agenten" der Firma P4M, die sich auf das Aufspüren von Raubkopien spezialisiert haben. "Bei solchen Blockbustern messen wir mehrere hunderttausend illegale Downloads pro Monat." Allein für Ice Age 2 ermittelte P4M über einen Zeitraum von drei Wochen 383.035 vollständige Downloads in BitTorrent. Schätzungen zufolge kommen etwa 190.000 unrechtmäßige Vervielfältigungen in eDonkey, AppleJuice oder über Newsgroups hinzu.

Ronald Schäfer, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) verweist gleichzeitig angesichts der Statistik 2005 aber auch auf Erfolge der "nachhaltigen Online-Fahndung". So gebe es praktisch keine großen Tauschbörsen oder Netzwerke mehr, die in Deutschland registriert sind. Nur noch selten finde man sie unter .com-Domains. Die Server stünden mittlerweile oft in Ländern, "in denen die Behörden anders als hierzulande keinen ungehinderten Zugriff auf die Betreiber haben." Die Ermittlungserfolge in Deutschland führt die ZKM vor allem auf die "immer ausgefeilteren Technologien bei der Online-Fahndung zurück". So könnten die Ermittler etwa über gespeicherte IP-Adressen einzelne Personen – darunter nicht nur Anbieter, sondern auch Käufer – identifizieren. Außerdem werde von P4M seit längerem erfolgreich eine Software eingesetzt, die automatisch das Internet scannt und auf Websites, Auktionsplattformen oder Tauschbörsen gefundene Bild-, Musik- oder Filmdateien mit den Originalen vergleicht.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)