Forschungszentrum Caesar: Tierhaus statt Reinraum

Der Stiftungsrat Caesar hat sich für das von der Max-Planck-Gesellschaft vorgelegte Strukturkonzept zur strategischen Fortentwicklung des Forschungszentrums in Bonn entschieden.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

In seiner Sitzung am 2. Juni hat sich der Stiftungsrat Caesar für das von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) vorgelegte Strukturkonzept zur strategischen Fortentwicklung des Forschungszentrums in Bonn entschieden. Zuvor hatte sich bereits der Wissenschaftsrat dafür ausgesprochen .

Damit wird das Bonner Forschungszentrum, das 1995 im Zuge des Bonn- Berlin-Ausgleichs mit damals 750 Millionen DM gegründet wurden, an die Max-Planck-Gesellschaft angebunden. Allerdings behält es seinen Status einer rechtsfähigen Stiftung bei. Aus wissenschaftlicher Sicht soll eine "Fokussierung auf die Schwerpunkte Neurodegeneration, Neuroregeneration und Neurosensorik/Neuroprothetik unter enger Einbindung in das regionale Umfeld" erfolgen. Notwendig wurde die Umstrukturierung, da der Wissenschaftsrat 2004 Caesar bescheinigt hatte "seine hochgesteckten Ziele insgesamt in nicht zufrieden stellender Weise erreicht zu haben".

Ob die Neuausrichtung jedoch erfolgreich sein wird, ist nicht ausgemacht. In einer Stellungnahme hatte Caesar-Stiftungsvorstand Hartwig Bechte kritisiert, dass das Forschungsfeld Neurowissenschaften in Deutschland bereits "sehr stark repräsentiert" sei. Nicht nur in der MPG beschäftigen sich Institute und Abteilungen damit, auch die Helmholtz-Gesellschaft und die DFG sind mit im Spiel. In Bonn selbst sind die Life & Brain GmbH und das neue Kölner Max-Planck-Institut zur Molekularbiologie des Alterns auf Neurowissenschaften ausgerichtet. "Welche Alleinstellungsmerkmale für Caesar erreichbar wären, lässt sich kaum abschätzen", stellt Bechte fest.

Otmar Wiestler, Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums und früher Geschäftsführer von Life & Brain hingegen betonte gegenüber heise online den großen Nachholbedarf in Deutschland in Hinsicht auf die Erforschung, Diagnostik und Therapie neurodegenerativer Krankheiten. Wiestler: "Es gibt bis auf das Hertie-Institut in Tübingen kein großes Forschungsinstitut in Deutschland, das sich damit schwerpunktmäßig beschäftigt. Ich glaube, dass diese Erkrankungen medizinisch und volkswirtschaftlich eine so überragende Bedeutung erlangen werden, dass wir mehr investieren müssen. Caesar hätte damit ein Alleinstellungsmerkmal sowie eine optimale regionale Einbindung." Auch die Neuroprothetik sei eine sinnvolle Komponente, da sie neue Anwendungen in der neurologischen Medizin ermögliche.

Gleichwohl soll die Mitarbeiterzahl von 90 auf 30 reduziert werden. Als Ausgleich soll eine rechtlich und finanziell unabhängige Ausgründungsplattform eingerichtet werden. Den Wissenschaftlern, die nach Festlegung des neuen Forschungsthemas aufgrund ihrer thematischen Ausrichtung künftig nicht mitarbeiten können, soll die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Projekte bis zum Auslaufen ihrer Verträge in vernünftiger Weise beenden zu können. Umstritten ist der für rund 7 Millionen neu eingerichtete Reinraum für Mikrosystemtechnik. Eine Demontage ist wohl nicht zu befürchten, wohl aber eine Marginalisierung.

Stefan Echinger, Leiter des MPG-Referats Forschungsstrategie sagte gegenüber heise online: "Langfristig ist sicherlich eine thematische Fokussierung nötig, bei der man sich auf die Erfolg versprechenden und zukunftsreichen Perspektiven beschränkt und hier auch gezielt investiert." Allerdings, so räumte Echinger ein, sei "der genaue Zeitpunkt, bei dem neues Wissen in Anwendung mündet, schwer vorauszusagen. Dies ist auch von der spezifischen Forschung der einzelnen Gruppen abhängig." Sicher hingegen ist, dass mit dem Gewächshaus ein weiteres "Highlight der Laborausstattung" nicht mehr benötigt werden wird.

Da sich die Forschung auf Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer konzentrieren soll, ist eine "kurzfristige Tierhaltung" geplant. Wahrscheinlich wird Caesar hierfür die von der Universität Bonn betriebenen Tierhäuser auf dem Venusberg nutzen. Denn gerade ein Tierhaus könnte für das Image von Caesar als offener Forschungseinrichtung nachhaltige Folgen haben, da das Gebäude bislang freien Zugang und transparenten Einblick gewährt. Tierhäuser hingegen müssen in der Regel nach außen abgesichert werden. (Christiane Schulzki Haddouti) / (axv)