Die Macht der Suchmaschinen - reine Mathematik oder Einflussnahme?

Im klassischen Mediensektor sei eine Konzentration wie bei den Internet-Suchmaschinen nicht denkbar, sagte Marcel Machill anlässlich einer Konferenz über die Macht der Suchmaschinen. Möglicherweise müsse der Gesetzgeber regulierend eingreifen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 162 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Arved Gintenreiter
  • dpa

Wie sucht man Informationen im Internet? Acht von zehn Deutschen antworten: Mit Google. So zumindest sagt es der Betreiber. Bestenfalls werden noch die Suchmaschinen von Yahoo oder Microsoft genannt. Zusammen stellen diese drei in Deutschland einen Marktanteil von rund 90 Prozent, sagt der Journalistik-Experte Marcel Machill. Er spricht sogar von einem "weltweiten Monopol". Um über die "Macht der Suchmaschinen" und ihren Einfluss auf die Politik und den Alltag einer Informationsgesellschaft zu diskutieren, kommen an diesem Dienstag in Berlin zahlreiche Fachleute zu einer internationalen Konferenz zusammen.

"Im klassischen Mediensektor ist solch eine Konzentration nicht denkbar", sagt Machill, der an den Universitäten Dortmund und Leipzig Journalistik lehrt. Darüber hinaus hätten Untersuchungen ergeben, dass Nutzer bei Recherchen nur die ersten 20 Treffer beachteten – wenn nicht schon nach einer Hand voll Schluss ist. Problematisch werde das bei politisch umstrittenen Themen oder wenn die ersten Treffer auf verbotene Seiten, etwa solche mit rechtsextremem Gedankengut, verweisen. Machill sieht bei Suchmaschinen-Betreibern daher eine "publizistische Verantwortung". Sollten sie die nicht wahrnehmen, müsse der Gesetzgeber möglicherweise regulierend eingreifen. Google-Sprecher Stefan Keuchel weist dies zurück. Suchmaschinen arbeiteten nach einem rein mathematischen Algorithmus.

Welche Logik hinter Suchmaschinen stecke, sei weitgehend unbekannt, klagt Machill. Google zum Beispiel ordnet nach eigenen Angaben nach 200 Kriterien, die in einem komplexen Algorithmus ausgewertet werden. Vor allem sei wichtig, wie viele andere Seiten auf die eigene verweisen. Kaufen lasse sich die Platzierung nicht, versichert Keuchel. Geld verdiene Google ausschließlich mit Anzeigenspalten, in denen Werbe-Links passend zum eingegebenen Suchbegriff erscheinen. Dennoch lasse sich die Platzierung beeinflussen, sagt Roman Thronicke, Inhaber des Dresdner Internet-Dienstleisters COKUNA- communication. Mittlerweile hat sich um dieses Geschäft eine eigene Branche entwickelt. Für Firmen könne es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, unter den ersten Treffern der Suchmaschinen aufzutauchen. Den genauen Mechanismus, wie die Trefferlisten errechnet werden, verrät Google aus aus Angst vor Konkurrenz nicht.

Von publizistischer Verantwortung hält Google wenig. "Wir glauben an Meinungsfreiheit, nicht an Zensur", sagt Keuchel. Gesperrt werden daher nur Seiten, die verboten sind. Orientierung biete eine Liste mit rund 1000 Internetadressen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Auch in China verfahre das Unternehmen so. Dort dürfen keine Treffer zum Massaker auf dem Tiananmenplatz oder zum Einmarsch in Tibet erscheinen. Kritiker sprechen von einem "willfährigem ausblenden regimekritischer Inhalte". Wer sich nicht an die Regeln des jeweiligen Landes halte, könne dort keine Seite betreiben, hält Keuchel dagegen – auch wenn Google Mitbegründer Sergey Brin schon einmal eingeräumt hat, dass der Findgigant mit seinem Auftritt in China Unternehmensprinzipien geopfert habe. In China war die unzensierte Google- Seite im Juni zeitweise blockiert. (Arved Gintenreiter, dpa) / (jk)