US-Gericht erklärt gewerbliche Filmzensur für illegal

Ein US-Bundesgericht untersagte mehreren Firmen aus Utah und Colorado, um Gewalt, Sex oder Kraftausdrücke bereinigte Versionen von Filmen auf DVD anzubieten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 383 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Unternehmen wie CleanFlicks, Clean Films oder Family Flix USA erfreuen konservative und gottesfürchtige Amerikaner mit guter, sauberer DVD-Unterhaltung: Kein Sex, keine Gewalt, keine Verbalinjurien. Sollte sich dergleichen in Produktionen aus dem Sündenbabel Hollywood etwa doch finden, schneiden es die Sittenwächter einfach raus. Den mit Schnitten oder kurzen Audiokorrekturen bearbeiteten Film brennen sie dann auf einen DVD-Rohling. Dank dieses Engagements gibt es sogar eine – womöglich sehr kurze – mormonenfreundliche Version von The Hills Have Eyes Unrated. Werbeslogan: "The lucky ones die first".

Hollywood dagegen findet das Geschäftsmodell der Familienfreunde weniger gut und sauber. Schon im Jahr 2002 hatten 16 namhafte Regisseure, ihre Standesorganisation Directors Guild of America (DGA) und einige Studios gegen die Zensur-Startups Klage einreichen wollen. Das im Mormonenstaat Utah ansässige Unternehmen CleanFlicks kam ihnen mit einer Feststellungsklage zuvor. In einer Gegenklage argumentierten die Filmemacher, darunter die mehrfach ausgezeichneten Steven Spielberg, Martin Scorsese und Steven Soderbergh, die nachträgliche Veränderung ihrer Werke verletze ihre Urheber- und Schutzrechte. Zudem nutzten die prüden DVD-Händler ihre prominenten Namen, um zweitklassige und so von ihnen nicht autorisierte Versionen der Filme in Umlauf zu bringen. Die schnippelfreudigen Unternehmer hatten dagegen argumentiert, dass ihre Veränderungen an den urheberrechtlich geschützten Werken von der "Fair Use"-Doktrin des US-amerikanischen Copyright Laws gedeckt seien. Nach der Doktrin ist die Verwendung geschützten Materials für Nachrichten, Kritiken oder Parodien erlaubt. Zudem liege den garantiert nippelfreien Versionen der Hollywoodware bei jedem Verkauf oder Verleihvorgang auch die Original-DVD bei.

Richter Richard Matsch vom zuständigen Bundesgericht in Denver, US-Bundesstaat Colorado, zeigt sich davon wenig beeindruckt. Er entschied in einem am Donnerstag vergangener Woche veröffentlichen Urteil klar zu Gunsten der klagenden Filmindustrie. "Das Geschäftsmodell ist unrechtmäßig", schreibt der Richter in seiner mehrseitigen Begründung. Das Copyright schütze auch die Rechte des Urhebers, seine Kreation in der Form zu beschützen, in der er sie erschaffen hat.

Die vier betroffenen Unternehmen CleanFlicks, Family Flix, CleanFilms (alle Utah) und Play It Clean Video (Arizona) wurden angewiesen, ihre illegalen Geschäftsaktivitäten innerhalb von fünf Tagen nach Bekanntgabe der Urteils einzustellen. Zudem sollen sie ihren Filmbestand an die Studios übergeben. CleanFlicks-Chef Ray Lines überlegt nun offenbar, in Berufung zu gehen. Möglich ist auch ein Dringlichkeitsgesuch, die Verfügung für die Dauer eines möglichen Berufungsverfahrens auszusetzen. Die Filmzensoren könnten so zumindest vorerst ihre Schnippelware weiter anbieten. Family Flix hatte die Geschäfte bereits 2005 aufgegeben.

Von dem Urteil nicht betroffen ist das Unternehmen ClearPlay. Obwohl der Effekt der gleiche ist, verwenden die Familienschützer aus Salt Lake City (Utah) eine andere Technik. Bei ClearPlay sorgen eine Software für den DVD-Player und eine für bestimmte Titel erhältliche Steuerdatei dafür, dass zu heiße oder brutale Szenen nicht gesehen werden können. Obwohl dafür handelsübliche DVDs zum Einsatz kommen, ist auch ClearPlay der DGA ein Dorn im Auge. "Diese Filme tragen unsere Namen", erklärte der Filmregisseur und DGA-Präsident Michal Apted. "Also werden wir unsere Arbeit, die unser Markenzeichen ist, mit großer Leidenschaft gegen unautorisierte Schnitte schützen."

Der Konflikt zwischen christlichen Familienschützern und Hollywood erregte erstmals 1998 überregionales Aufsehen, als das Towne-Kino in American Fork (Utah) eine eigenmächtig um Kate Winslets blanken Busen beschnittene Version von Titanic zeigte. Verleiher Paramount entzog dem Kino daraufhin die Kopie. (vbr)