Schweizer zahlen mehr fürs Internet

Eine Schweizer Studie vergleicht Kosten für Telefonie und Breitband-Internet in Europa.

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Von
  • Tom Sperlich

Die Preise auf dem Schweizer Telekommunikationsmarkt, unlängst noch als besonders hoch bekannt, haben in den letzten Jahren auf das Kostenniveau in den EU-Ländern aufgeschlossen. Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) informierte diese Woche in einem Mediengespräch über die Situation des Telekommunikationsmarktes in der Schweiz. Vorgestellt wurde dabei eine Studie des Bakom, welche den Status quo der Festnetz- und Mobiltelefonie (Stand Ende 2005) sowie des Breitband-Internets in der Schweiz mit der Situation in den Ländern der Europäischen Union respektive der OECD vergleicht.

Das Thema "Hochpreisinsel Schweiz" muss im Telekom-Bereich inzwischen etwas differenzierter betrachtet werden. Zwar sind einzelne Leistungen immer noch deutlich teurer als in der EU, doch haben sich beispielsweise die Preise für die Festnetztelefonie in den vergangenen Jahren dem EU-Niveau angepasst. Der einstige "Komplett-Monopolist" im Telekomsektor, die Swisscom, musste seit der mit der EU gleich gelaufenen Telekomliberalisierung in der Schweiz im Jahr 1998 bis zum Jahr 2004 exakt 40 Prozent Marktanteil an sechs konkurrierende Unternehmen abgeben. Mit 60 Prozent lag der Anteil der mehrheitlich staatlich kontrollierten Swisscom im Jahr 2004 etwa auf dem Niveau des Marktanteils des dänischen Ex-Monopolisten (61 Prozent) oder des belgischen Pendants (63 Prozent), Deutschland kommt laut der Studie auf 57 Prozent Marktanteil der Deutschen Telekom.

Nationale Festnetzgespräche sind im Vergleich mit vielen EU-Ländern in der Schweiz relativ günstig, so der stellvertretende Bakom-Direktor Peter Fischer, der die Studie vorstellte. Mit 15,5 Euro-Cent für ein dreiminütiges Inlandsgespräch bei einem Swisscom-Konkurrenten im Festnetz liegen laut Bakom die durchschnittlichen Kosten um rund 44 Prozent tiefer als bei einem vergleichbaren Anbieter in Deutschland (27,6 Cent). Allerdings verlangt laut Bakom wiederum die Deutsche Telekom mit 14,7 Cent für ein 3-Minuten-Gespräch um Einiges weniger als die Swisscom mit 19,2 Cent.

Im Mobiltelefoniebereich gingen die Preise speziell in den vergangenen Monaten sehr stark zurück, so Fischer. Dies hängt nach seiner Meinung unter anderem auch mit dem Markteintritt führender Schweizer Einzelhandelskonzerne wie Coop beziehungsweise Migros oder des Kabelnetzbetreibers Cablecom zusammen, die recht günstige Prepaid-Angebote unters Volk bringen. Im Mobiltelefoniebereich hat die Swisscom noch nicht so viele Marktanteile an Mitbewerber abgeben müssen wie die Ex-Monopolisten der EU. Während in Deutschland nur noch 38 Prozent der Handynutzer mit T-Mobile telefonieren, wird Swisscom Mobile noch von 61 Prozent der Mobiltelefonierer genutzt.

Die Schweizer Preissituation hat sich im Laufe des vergangenen Jahres etwas entspannt. Je nach Anbieter und Carrier liegen die monatlichen Kosten für eine mittelstarke Nutzung der Mobiltelefonie-Angebote in der Schweiz nur noch zwischen dem mittleren und dem oberen erfassten statistischen Bereich, in Letzterem ist vor allem die Swisscom mit 49,90 Euro angesiedelt. Teurer ist in der Bakom-Statistik nur noch NTT DoCoMo in Japan mit 54,90 Euro. Deutschland liegt in der Statistik mit den monatlichen Durchschnittskosten von 44,90 Euro für die T-Mobile-Nutzung direkt hinter Swisscom Mobile. Wobei die EU-Preise sich auf einen Stand von Februar 2006 und die der Schweiz auf Stand Juli 2006 beziehen.

Auch beim Breitband-Internet befinden sich die Schweizer in jeder Beziehung in der Pole Position. Gemäß der neusten OECD-Studie zu diesem Thema liegt die Schweiz klar in der Spitzengruppe der Länder mit der höchsten Breitbanddichte und einer Penetrationsrate in der Gesamtbevölkerung von 23,1 Prozent. Damit ist das Land auf dem fünften Platz unter 30 geprüften Ländern, so das Bakom (OECD-Durchschnitt: 13,6 Prozent). Deutschland liegt demnach auf dem 18. Platz (13 Prozent) zwischen Australien und Italien. Die Spitzenplätze nehmen Island (26,7 Prozent) und Südkorea ein (25,4 Prozent), die beiden Schlusslichter sind die Türkei und Griechenland.

Außerdem lägen, so das Bakom, die größten Volkswirtschaften Europas – Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien – sehr deutlich hinter nicht-europäischen Ländern wie Südkorea, Japan, Kanada und den USA zurück. Die neuen EU-Mitgliedstaaten wie die Tschechische Republik, Ungarn, Slowakei und Polen weisen sehr viel geringere Penetrationsraten als der OECD-Durchschnitt auf. Doch wenn es um die Kosten geht, so zahlen die Eidgenossen bei Angeboten für das Breitband-Internet nach wie vor etwas mehr als EU-Bürger, erhalten dafür aber weniger Bandbreite. Dies gilt vor allem für ADSL. Bei den Kabelmodem-Produkten sei die Situation etwas besser, so das Bakom. Mit zwei unterschiedlichen Methoden vergleicht die Studie die Preise der verschiedenen Breitbandprodukte (ADSL und Kabelmodem) in 15 EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz. Dabei geht es zum einen um die standardisierten Preise, die auf eine gemeinsame Bandbreite von 1 MBit/s umgerechnet werden, und um die realen Preise des günstigsten Angebots, ungeachtet der Bandbreite.

In der Kategorie "standardisierte Preise für die günstigsten Breitbandprodukte pro Land, in EUR, bei 1 MBit/s und einer Nutzungsdauer von 40 Stunden oder einem Datenvolumen von 10 GBit pro Monat", belegte die Schweiz gerade mal den 19. Platz (unter 30) mit dem Kabelinternet-Zugang QuickLine des Providers LAN Services, zusammen mit 11 regionalen Kabelnetzbetreibern (QuickLine 300/7000), zu einem Kostenpunkt von 5,84 Euro/Monat.

Deutschland nimmt laut der Studie hier den neunten Platz ein, mit dem ADSL-Angebot Freenet DSL city flat (1024/16000) zum monatlichen Preis von 2,26 Euro. Der Spitzenreiter in dieser Kategorie der Studie ist die französische Cegetel mit einem ADSL-Produkt für gerade mal 1,08 Euro (ADSL MAX 20M 512/16384).

In der Kategorie "reale Preise für die günstigsten Breitbandprodukte pro Land" (in EUR bei 40 Stunden Nutzungsdauer oder 10 GBit Datenvolumen pro Monat) liegt der Schweizer Kabelnetzbetreiber Cablecom auf dem neunten Platz (Hispeed 100/300) für 19,21 Euro. In Deutschland kommt das Kabelserviceunternehmen Telecolumbus auf den sechsten Platz mit einem Angebot für 18,17 Euro im Monat (Infocity 64/128). Erster wurde in dieser Kategorie Tiscali in Italien mit einem ADSL-Produkt für 7,20 Euro (ADSL 2 Mega Free Usage 256/2048).

Als Letzter rangiert in dieser Kategorie der Studie übrigens die österreichische Eunet mit einem ADSL-Angebot für stolze 53,99 Euro (ADSL nXtel 1024/256). Allerdings liegt das österreichische Kabelinternet-Produkt von UPC Telekabel mit 19,98 Euro auf dem 13. Platz (chello light 128/400).

In der das Breitband-Internet betreffenden Zusammenfassung lautet das Fazit von Bakom: Die Schweiz verfügt hier weltweit über eine der höchsten Penetrationsraten und bietet eine landesweite Versorgung. Allerdings zahlt der Schweizer Internetnutzer im internationalen Vergleich relativ hohe Preise, und die angebotenen Maximalbandbreiten liegen weit unter gewissen Angeboten in Europa. Und so staunt sogar das Bakom: "Die Schweizerinnen und Schweizer gehören also offenbar weltweit zu denen, die am ehesten bereit sind, vergleichsweise viel für nicht sehr schnelle Dienste auszugeben. Dieser etwas spezielle Umstand scheint durch das für internationale Verhältnisse hohe verfügbare Einkommen (Pro-Kopf-Einkommen) und die Begeisterung für neue Technologien plausibel erklärt werden zu können." (Tom Sperlich) (ps)