1,2 Milliarden Euro für die Informations- und Kommunikationstechniken bis 2009
Bundesforschungsministerin Annette Schavan stellte die Hightech-Strategie der großen Koalition für Deutschland vor.
- Richard Sietmann
Bis zum Jahr 2009 will die Bundesregierung zur Förderung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) 1,2 Milliarden Euro einsetzen. Unter den insgesamt 17 Innovationsfeldern der "Hightech-Strategie für Deutschland" nimmt die IKT damit nach der Raumfahrt (3,6 Milliarden Euro) und den Energietechnologien (2 Milliarden Euro) den dritten Platz ein. Das 86-seitige Papier, das Bundesforschungsministerin Annette Schavan am heutigen Mittwoch in Berlin vorstellte, stelle für die Forschungsförderung "das Drehbuch für die nächsten Jahre" dar. Mit ihm werde "erstmals eine gemeinsame Strategie aller Ministerien" vorgelegt, erklärte die Ministerin.
Insgesamt 14,6 Milliarden werden der vom BMBF koordinierten innovationspolitischen Initiative, die das Bundeskabinett gestern verabschiedete, bis 2009 zur Verfügung stehen. Die Gesamtaufwendungen für das Hightech-Programm setzen sich aus den bereits laufenden Vorhaben der Ministerien und dem von der Bundesregierung Anfang des Jahres beschlossenen zusätzlichen 6-Milliarden-Euro-Programm für Forschung und Entwicklung bis 2009 zusammen. Rund 12 Milliarden Euro sind für die Entwicklung und Kommerzialisierung neuer Technologien in den 17 Innovationsfeldern vorgesehen. Diese reichen unter anderem von der Sicherheitsforschung, der Gesundheitsforschung und Medizintechnik über die optischen Technologien, Umwelttechnik, Information und Kommunikation, Luft- und Raumfahrt, Fahrzeug- und Verkehrstechnik bis zu den Mikrosystem-, Nano-, Bio- und Werkstofftechnologien.
Weitere 2,6 Milliarden Euro sollen unter dem Titel "technologieübergreifende Querschnittsmaßnahmen" vor allem Kommerzialisierung der Forschungsergebnisse und die Innovationsbedingungen für kleinere und mittelständische Unternehmen (KMUs) verbessern. So werden Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen künftig Prämien für Forschungsaufträge aus dem Mittelstand bekommen. Damit hofft Schavan die Wissenschaftler stärker zu motivieren, sich auf wirtschaftsrelevante Themen einzulassen. "Es geht um 25 Prozent des Auftragsvolumens – nach Abschluss des Projektes, um Mitnahmeeffekte auszuschließen", erläuterte die Bundesforschungsministerin. Neu ist darüber hinaus eine Einstiegsförderung für kleine Unternehmen, die noch nicht oder schon lange nicht mehr in Forschung investiert haben.
In jedem der ausgewählten Hightech-Felder listet das Strategiepapier die Stärken und Schwächen auf. Zu den Stärken in der Informations- und Kommunikationstechnik zählt es die Marktgröße – Deutschland ist weltweit der drittgrößte und in Europa mit Abstand der größte Markt der IKT-Branche –, den in Dresden entstandenen Standort-Cluster für die Chipproduktion sowie die Chipkarten-Technologie, in der deutsche Unternehmen einen Weltmarktanteil von 70 Prozent hätten. Ein weiteres Plus stellt die Fraunhofer-Gesellschaft als größte IT-Forschungseinrichtung Europas dar. Zu den Schwächen gehöre dagegen die zu geringe Zahl deutscher Global Player in diesem Sektor, die langsame Technologiediffusion und der geringe Einfluss auf die internationalen Standardisierungsprozesse. Chancen böten sich unter anderem in dem Wachstumsmarkt der Chipproduktion, IT-Sicherheitsanwendungen, bei den Netzinfrastrukturen und vor allem für KMUs in der hochspezialisierten Produktentwicklung und Systemintegration. Forschungsbedarf sieht die Strategie in diesem Bereich auf den Feldern Embedded Systems, IT-Sicherheit, Multimedia, Grid-Computing, gedruckte Elektronik, der Mensch-Technik-Interaktion und der Machine-to-Machine-Kommunikation im Internet.
Insgesamt soll die Forschungsförderung verstärkt auf so genannte "Leuchtturmprojekte" ausgerichtet werden. Damit sind Technologien gemeint, welche die Märkte der Zukunft bestimmen. Als konkrete "Leuchttürme" werden das CO2-freie Kohlekraftwerk, das Satellitenortungssystem Galileo, die elektronische Gesundheitskarte und der Transrapid genannt.
"Neu ist auch, dass die Programme nicht mehr nur für vier Jahre geplant sind", erklärte Schavan. Einzelne Initiativen würden deutlich längerfristig angelegt. So arbeitet die Bundesregierung unter Federführung des Wirtschaftsministeriums derzeit an dem Aktionsprogramm "Informationsgesellschaft Deutschland 2010" (iD2010), das Ende des Jahres vorgestellt werden soll. Geplant ist ebenfalls ein neues E-Government-Programm 2010, und gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft arbeitet das BMBF derzeit an dem neuen Forschungsförderprogramm "IKT 2020", um mit einem Zeithorizont von mindestens zehn Jahren aussichtsreiche Technologien mit dem nötigen langen Atem verfolgen zu können.
Zur stärkeren Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen soll unter anderem die Patentverwertung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen "weiter professionalisiert" werden. Den verstärkten Schutz und die Verwertung geistigen Eigentums will die Bundesregierung auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene offensiv angehen und dies 2007 beim G8-Gipfel wie auch in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Halbjahr auf die Tagesordnung setzen. Die Akzeptanz geistiger Eigentumsrechte müsse weltweit gesteigert werden, heißt es in dem Strategiepapier. "Deutschland hat an funktionierenden internationalen Regeln zum Schutz geistigen Eigentums ein besonderes Interesse, denn es gehört bei der Zahl der Patentanmeldungen international mit zur Spitzengruppe und ist als Exporteur hochwertiger Technologiegüter in starkem Maße von Verletzungen dieser Rechte betroffen". (Richard Sietmann) / (jk)