Von Schickards Rechner bis zum iPod: Computergeschichte in TĂĽbingen

In TĂĽbingen entwickelte Wilhelm Schickard 1623 die erste Rechenmaschine.

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Von
  • Tobias-Benjamin Ottmar
  • dpa

Vor 25 Jahren brachte die Firma IBM ihren ersten PC auf den Markt. Doch die Geschichte des Rechners reicht viel weiter zurück. Die Ausstellung "Enter!" im Tübinger Stadtmuseum (in Kooperation mit dem Wilhelm-Schickard-Institut) zeigt bis zum 26. November (Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11.00 bis 17.00 Uhr, Eintritt: 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro) die Historie der Rechner auf, deren Ursprünge in der süddeutschen Stadt liegen. Denn dort entwickelte Wilhelm Schickard 1623 die erste Rechenmaschine. Nach Angaben von Ausstellungsleiter Karlheinz Wiegmann gab sie den Startschuss für eine Entwicklung, die die Welt revolutionierte. Die zwei Originale der Erfindung gibt es heute leider nicht mehr. Eine Skizze, nicht größer als ein Bierdeckel, lieferte allerdings die Vorlage für einen Nachbau.

"Im Grunde hätte man mit Schickards Maschine bis 1960 gut klarkommen können", sagt Wiegmann. Schließlich beherrschte das Gerät alle vier Grundrechenarten. Doch durch den frühen Tod des Erfinders mit 43 Jahren ging auch dessen Wissen vorerst verloren. Erst 1935 fand der Keplerforscher Franz Hammer einen Brief an den Astronomen Johannes Kepler, in dem Schickard von seiner Erfindung berichtet. Später entdeckte Hammer dann auch in dessen Nachlass in der Württembergischen Landesbibliothek die zugehörige Skizze. In den Jahren 1957 bis 1960 wurde die Maschine dann nachgebaut und steht jetzt im Tübinger Museum.

Die großen Rechner aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind in der Ausstellung allerdings nur auf Fotos zu sehen. Damals füllten die Anlagen ganze Hallen. Der 1943 fertig gestellte Rechner des Computer-Erfinders Konrad Zuse war beispielsweise 25 Meter lang und zweieinhalb Meter hoch. Weder die Anschaffung noch der Stromverbrauch wäre für einen Privatmann bezahlbar gewesen, erzählt Wiegmann. Für die Hersteller sei der Gedanke grotesk gewesen, dass Privatleute einen Computer haben wollten. Dennoch gab es viele Tüftler, die sich freuten, als 1975 der Altair 8800 auf den Markt kam. "Obwohl man eigentlich nichts damit machen konnte, haben die Leute ihn gekauft", berichtet Wiegmann. 30.000 Stück gingen damals über die Ladentheke.

Sowohl der Altair 8800 als auch die zahlreichen Nachbauten sind in Tübingen zu sehen. Denn nachdem der erste PC erst einmal auf dem Markt war, entstand binnen weniger Jahre eine Computer-Industrie. Auch Bill Gates gehörte damals zu denjenigen, die die Technikwelle für sich nutzen konnten. Eine Zeittafel im Stadtmuseum zeugt von dem rasanten Aufstieg des 1981 gegründeten Unternehmens.

"Heute begegnen uns Rechner überall", sagt Wiegmann. In Kühlschränken, Fotoapparaten und Handys seien Computer vorhanden. "Nur das Marketing bestimmt, für was sie eingesetzt werden. Denn im Grunde sind sie Alleskönner." Inzwischen würden Firmen wie Apple mit Spezialanwendungen wie dem iPod mehr Geld verdienen als mit PCs. Aber nicht nur in der Unterhaltung, sondern auch in der Medizin werden die Möglichkeiten der Computer weiterentwickelt. Zuletzt konzipierten Reutlinger Wissenschaftler einen Chip, mit dem Blinde möglicherweise bald wieder sehend werden können. Bei ersten Tests konnten die Versuchspersonen bereits die Größe von Objekten erkennen oder die Bewegungen eines Punktes verfolgen.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Tobias-Benjamin Ottmar, dpa) / (jk)