Zweigleisige Reaktion auf Klimawandel erforderlich

Bislang wurde die Diskussion um den Klimawandel fast nur auf die Verminderung der Treibhausgasemissionen reduziert. Neuerdings bekommt die Notwendigkeit einer Anpassung an die Folgen des Klimawandels vermehrte Aufmerksamkeit.

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Bislang wurde in Deutschland die Diskussion um den Klimawandel außerhalb der Wissenschaft fast nur auf die Verminderung der Treibhausgasemissionen reduziert. Neuerdings bekommt die Notwendigkeit einer Anpassung an die Folgen des Klimawandels vermehrte Aufmerksamkeit, schreibt das Technologiemagazin Technology Review in der aktuellen Ausgabe 12/2006.

So wird dieses Thema im für Anfang 2007 angekündigten Vierten Sachstandsbericht des Internationalen Gremiums für Klimawandel (IPCC) erstmals einen großen Teil einnehmen, kündigt Dr. Axel Michaelowa, Leitautor für das Politikkapitel des IPCC-Berichts, an. Als Grund, weshalb Anpassungsmaßnahmen erst jetzt in Gang kommen, hat der Wissenschaftler die Datenlage ausgemacht: "Der Kommunikationsprozess zwischen Wissenschaft und Kommunen ist noch dürftig, eine umfassende Einbeziehung der Entscheidungsträger fehlt."

"Wir müssen das Unbeherrschbare vermeiden und das Unvermeidbare beherrschen", beschreibt Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die erforderliche zweigleisige Reaktion der Menschheit auf die anstehenden Klimaveränderungen. Trotz der Unsicherheit der Klimaprognosen kommt eine Studie des PIK für das Umweltbundesamt zu dem Schluss, dass sich Deutschland gut anpassen kann, wenn die dafür zur Verfügung stehenden Maßnahmen genutzt würden. Doch seien in den meisten Bereichen derartige Vorkehrungen bisher weder in Planung noch umgesetzt, so die Studie weiter.

Sollte der Meeresspiegel beispielsweise mehr als 40 Zentimeter steigen, wird es hierzulande eng. "Mit Deichen allein werden wir wohl noch 50 bis 80 Jahre auskommen, danach wird das nicht mehr genügen", warnt denn auch Michael Schirmer, Umweltforscher an der Universität Bremen. Dann kämen Küstengebiete nicht umhin, sich mit weiteren Maßnahmen zu wappnen. Dazu gehören eine zweite Deichlinie im Hinterland oder riesige Flutwehre an Flussmündungen, wie die Niederländer sie bereits an der Rhein-Maas-Mündung gebaut haben.

Weltweit gehen die Bemühungen da schon wesentlich weiter. Begleitend zur Titelgeschichte der aktuellen Print-Ausgabe von Technology Review, die analysiert, wie Deutschland sich auf den Klimawandel vorbereitet, schildert TR-Online in einer Mini-Serie deshalb international vielversprechende Beispiele: In den Niederlanden, die – zur Hälfte unter dem Meerespiegel gelegen – sich seit Jahrhunderten vor der Gewalt der Nordsee schützen müssen, denkt man an eine Anpassung der Architektur. "Langfristig müssen wir anders bauen", sagt Koen Olthuis vom Architekturbüro Waterstudio. Das könnte heißen: Häuser entweder wasserdicht oder schwimmfähig machen. Waterstudio setzt auf schwimmende Architektur.

Andere Regionen hingegen lechzen nach Wasser. Bislang galt Meerwasserentsalzung vor allem als Luxustechnologie für arabische Ölstaaten. Doch wie die die Szenarien der Klimaforscher zeigen, werden in den kommenden Jahrzehnten etliche Landstriche mit einer heftigen Verknappung des Trinkwassers zu kämpfen haben. Im westaustralischen Perth etwa nahmen die Niederschläge bereits seit 1975 derart ab, dass der Vorrat der Trinkwasserreservoire der Stadt heute nur noch ein Drittel der damaligen Menge umfasst. An der Meerwasserentsalzung wird deshalb – selbst bei einem effizienteren Umgang mit dem kostbaren Nass – kein Weg vorbei führen. Allein Spanien, das im vergangenen Sommer von einer dramatischen Dürre heimgesucht wurde, will in den kommenden Jahren durch neue Fabriken die Menge von aus dem Meer gewonnenem Trinkwasser verdoppeln. Und das trocken fallende Sidney plant die größte Anlage der Welt mit einem Ausstoß von 500 Millionen Litern am Tag.

Siehe dazu Technology Review 12/06 (seit gestern im Handel oder hier portokostenfrei online zu bestellen):

Ergänzend dazu in Technology Review online:

(wst)