Bericht: US-Filmindustrie torpediert Datenschutzgesetz

Der Verband der amerikanischen Filmindustrie hat sich in Kalifornien nach einem Bericht des US-Magazins "Wired" erfolgreich für Einschränkungen eines Gesetzes zum Schutz von privaten Daten eingesetzt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 115 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Als Arnold Schwarzenegger am 1. Oktober seine Unterschrift unter ein neues Gesetz für den US-Bundesstaat Kalifornien setzte, war ihm die Aufmerksamkeit weit über die Grenzen seiner Jurisdiktion hinaus sicher. Denn auf dem Höhepunkt des HP-Skandals, in dem sich alles um den illegalen Zugriff auf private Telefondaten drehte, unterschrieb der republikanische Gouverneur von Kalifornien mit dem "Senate Bill 202" ein Gesetz, das genau diese Methode der Informationsbeschaffung unter Strafe stellt. Das neue Gesetz untersagt bei Strafandrohung von bis zu 10.000 US-Dollar Geldstrafe und/oder einem Jahr Haft, sich ohne Zustimmung des Betroffenen und unter falschen Angaben Zugang zu den persönlichen Gesprächsnachweisen Dritter zu verschaffen oder damit zu handeln.

Nach einem Bericht des US-Magazins Wired ist der präzise beschriebene Straftatsbestand allerdings ein Rückschritt im Vergleich zu einem weiter reichenden Gesetzesvorschlag (Senate Bill 1666), der bereits drei Regierungsausschüsse und den kalifornischen Senat passiert hatte. Danach sollten Tricks bei der nicht legitimierten Beschaffung aller möglichen persönlichen Kundendaten verboten werden. Die Gesetzesvorlage nennt zwar auch ausdrücklich Verbindungsnachweise von Telefonkunden, beschränkt den Geltungsbereich der Regelung aber nicht auf diese, sondern sollte auch andere persönliche Daten weitreichend schützen. Kurz bevor der HP-Skandal ruchbar geworden war, sei das Gesetz dann Ende August von der ersten legislativen Instanz, der California State Assembly, mit 33 zu 27 Stimmen abgelehnt worden. Dem Bericht zufolge ist das Schicksal der in letzter Minute gestoppten Gesetzesvorlage maßgeblich der in den Akten nachvollziehbaren Lobbyarbeit des Verbandes der US-Filmindustrie (MPAA) zuzurechnen.

"Die MPAA hat einigen Versammlungsmitgliedern erklärt, das Gesetz würde ihre Ermittlungen gegen Filmpiraterie behindern", zitiert Wired einen ehemaligen Mitarbeiter von Senatorin Debra Bowen, die das Gesetz auf den Weg gebracht hatte. "Die MPAA hat einen enormen Einfluss", bestätigte auch Lenny Goldberg von der Datenschutzorganisation Privacy Rights Clearinghouse, die Filmindustrie habe sich bei den Gesetzgebern gegen die Regelung verwandt, weil sie im Kampf gegen illegale Downloads auch ihre Identität verschleiern müsse. Die MPAA hat gegenüber dem Magazin keinen Kommentar abgegeben.

Organisationen wie die MPAA oder der Verband der Phonoindustrie setzten bei ihren Piraterie-Ermittlungen auch Privatdetektive ein, erklärte der ehemalige Präsident des kalifornischen Verbandes der Privatdetektive, Sean Walsh. Die Ermittler müssten schon mal zu bestimmten Tricks greifen, um zum Beispiel die Identität einer Quelle von kopierten DVDs zu enthüllen. Der erfahrene Ermittler begründete die Opposition seines Berufstandes auch damit, die Vorlage 1666 sei "zu vage" und würde legimierte Detektive zum Beispiel bei der Suche nach vermißten Kindern behindern. Es gebe ein öffentliches Interesse daran, dass staatlich lizenzierte Ermittler weiter Zugang zu bestimmten geschützten Informationen hätten.

Den Rechtsanwalt Ira Rothken dagegen überrascht es laut Wired nicht, dass die Filmindustrie kein besonderer Freund von einem effektiven Schutz der Privatsphäre ist. "Immerhin hat die MPAA ihre Bereitschaft gezeigt, viel Geld für das Eindringen in die Privatsphäre zu bezahlen". Rothken wirft der MPAA im Rahmen eines Verfahrens vor, einem Hacker 15.000 US-Dollar für den Einbruch in die Mailserver der TorrentSpy-Betreiber gezahlt zu haben. (vbr)