Neue Länder-Domains in den Landessprachen

Zusätzlich zu den entsprechend der ISO 3166-1-Standardliste existierenden Länderdomains wie .de, .cn, oder .se soll es Nicht-ASCII-Varianten der Länder-Domains auch auf Ebene der Top Level Domains geben, beschloss die Internet-Verwaltung ICANN.

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Von
  • Monika Ermert

Die Manager von Länder-Domains (country code Top Level Domains, ccTLDs) und Regierungen innerhalb der Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) sollen neue Länderadresszonen entwerfen. Das beschlossen heute die Direktoren der privaten Netzverwaltung bei ihrer Sitzung in São Paulo. Zusätzlich zu den entsprechend der ISO 3166-1-Standardliste existierenden Länder-Domains wie .de, .cn, oder .se soll es Nicht-ASCII-Varianten der Länderdomains nicht nur bei den Second Level Domains, sondern auch auf Ebene der Top Level Domains geben. Damit soll ein weiterer Schritt zur Internationalisierung des Domain Name System gemacht werden. Die Planungen für allgemeine Nicht-ASCII-Adresszonen im Stil von .com, .net, .org und .info sollen dadurch nicht beeinflusst werden; diese sollen chinesische, japanische, arabische oder andere nicht-englische Top Level Domains (TLD) umsetzen, also Domains mit vollständigen nicht-englischen Zeichensätzen in der Adresse ermöglichen.

Der scheidende Vorsitzende des ICANN-Regierungsbeirats (GAC) hatte das Thema Nicht-ASCII Adresszonen als besonders wichtig bezeichnet, im Arbeitsprogramm (PDF-Datei) des GAC für 2007 steht es neben der Einführung neuer Top Level Domains und der künftigen Gestaltung von Whois-Einträgen ganz oben auf der Agenda. Die Ländermanager müssen vor einer möglichen Einführung der Nicht-ASCII-Länderadresszonen eine Menge strittiger Fragen (PDF-Datei) beantworten. Wieviele Nicht-ASCII-Länderdomains soll es zum Beispiel pro Land geben und inwieweit soll die Zahl der jeweiligen Landessprachen beziehungsweise unterschiedlichen Schriftsysteme eine Rolle spielen? Manche Länder hätten noch nicht einmal so etwas wie offizielle Sprachen, oder aber die Alltagssprache sei nicht die offizielle Amtssprache, sagte Hiro Hotta von der japanischen Registry JPRS.

Unklar ist auch, wie die neuen Adressen aussehen sollen, da es eine einfache Parallellösung zur ISO 3166-1-Zwei-Buchstaben-Kürzel, die auf der offiziellen Länderliste der UN basiert, nicht gibt. Ganze Ländernamen in der jeweiligen Landesschrift (beispielsweise .Österreich, .España, .الجماهيرية العربية الليبية الشعبية الاشتراكي oder .מדינת ישראל) seien vermutlich nicht die Lösung, lautet Hottas Vermutung. Vor allem muss aber festgelegt werden, wer über diese Frage am Ende entscheidet. "In der ccNSO [dem Gremium der ccTLD-Manager innerhalb der ICANN, d. Red] haben wir das Gefühl, dass wir mit dem Regierungsbeirat sprechen müssen, wenn wir über ccTLD-Adressendungen entscheiden", sagte Hotta. Auch bei der spannenden Wettbewerbsfrage, ob die bereits bestehenden Länderadress-Manager auch die dann neuen Zonen betreiben sollen, dürften die Regierungen ein Wörtchen mitreden wollen.

Aus Sicht der Länderdomainmanager kritisch ist schließlich die technische Frage. Die ICANN kann sich zum einen dafür entscheiden, die Nicht-ASCII-Adressen tatsächlich als neue Punycode-kodierte Strings wie bei den internationalisierten Second Level Domains in der Rootzone des Domain Name System zu registrieren. Aber auch das von VeriSign vorgeschlagene Abbilden der neuen Zone per DNAME, bei dem Nicht-ASCII-Adressen durch Non-Terminal DNS Name Redirection in die entsprechende Zone mit ASCII-Zeichen gemappt werden, steht zur Debatte. Das Hauptproblem dabei wäre laut Sabine Dolderer, Chefin der .de-Registry DeNIC, dass dadurch VeriSign automatische alle .coms in allen Schriftsystemen erhalten würde.

ICANN hat sich entschlossen, beide Varianten zu testen. Gestartet hat man den Test aktuell unter Federführung des schwedischen Rootserver-Betreibers Autonomica mit einem ersten Testlauf, der das Testdesign überprüfen sollte. Dabei wurde eine komplette Kette von einem Enduser-Rechner bis zu einer Root-Eintragung für eine längliche schwedische Adresszone überprüft. Die Ergebnisse des Pre-Tests bezeichnete Tina Dam, bei ICANN Leiterin des Projekts zu internationalisierten Domains, als gut. Der zunächst komplett im Labor durchgeführte Test soll im kommenden Jahr in zwei Phasen zuerst die Effekte bei der Root- und der Resolver-Software feststellen.

Besondere Beachtung will Autonomica dabei den "Iterative Mode Resolvern" schenken, schreibt Lars-Johan Liman von Autonomica in der Präsentation (PDF-Datei) des Testdesigns. In Phase zwei soll es dann einen Test im freien Feld geben, bei dem dann auch Enduser Software gecheckt wird. Noch bis zum 19. Dezember nimmt die ICANN Verbesserungsvorschläge an. Beim Pre-Test funktionierten nicht alle Browser gleichermaßen. (Monika Ermert) / (jk)