Landesdatenschützer gegen automatische Erfassung von Autokennzeichen

Peter Zimmermann, Landesdatenschutzbeauftragter von Baden-Württemberg, sieht in der automatischen Erfassung von Autokennzeichen einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.

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Von
  • Edgar Neumann
  • dpa

Baden-Württembergs oberster Datenschützer Peter Zimmermann ist gegen Pläne der Polizei, ein System zur automatischen Erfassung von Autokennzeichen einzuführen. Mit dieser Technik werde in Persönlichkeitsrechte massiv eingegriffen, mahnte Zimmermann am Freitag in Stuttgart. Denn die Autonummer gehöre zu den personenbezogenen Daten. Die Autobahnpolizei will in Baden-Württembergs nach den Worten des Landesdatenschutzbeauftragten die Geräte zunächst testweise an vier Streifenfahrzeugen anbringen. Damit würden die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Fahrzeuge erfasst und mit polizeilichen Fahndungsdaten verglichen.

In anderen Bundesländern gebe es bereits stationäre automatische Kennzeichenlesesysteme. Bedenken gegen diese Überwachung hätten auch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erhoben. Dagegen befürwortet Innenminister Heribert Rech (CDU) die elektronische Erfassung von Autokennzeichen. Er sagte, andere Länder hätten damit bereits Erfolge bei der Fahndung nach Kriminellen erzielt, betonte aber, vor der Einführung in Baden-Württemberg müsse das Polizeigesetz geändert werden.

Zimmermann lehnte auch die Pläne Rechs ab, die Videoüberwachung im Südwesten auszuweiten. Den Überlegungen des Ministers einen "Video-Atlas" – ein Verzeichnis aller privaten Überwachungskameras – aufzustellen, erteilte der Datenschutzbeauftragte eine klare Absage: "Trotz neuer Risiken gilt: Der Zweck heiligt nicht alle Mittel." Auch die mitregierende FDP ist gegen den Ausbau der Videoüberwachung. Dafür sehe er keinen Bedarf, sagte der FDP-Abgeordnete Hagen Kluck.

Rech verteidigte die von Zimmermann ebenfalls kritisierte Anti-Terror-Datei der Polizei und der Nachrichtendienste. Sie sei für den schnellen und kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den Behörden unverzichtbar. Von einem Aktionismus der Sicherheitspolitiker, wie ihn Zimmermann beklagt, könne keine Rede sein.

Der Landesbeauftragte listete in seinem Bericht wie jedes Jahr eine Reihe von Verstößen gegen den Datenschutz auf: So habe die Polizei in Karlsruhe im Lagebildinformationssystem (LABIS) jeden Vorgang abgespeichert, der die einzelnen Polizeidienststellen im ganzen Regierungsbezirk beschäftigt hatte. Dabei wurden auch alle Namen beteiligter Personen erfasst. In der Folge fanden sich der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ebenso in der Datei wie ein besorgter Anrufer, der einen toten Eichelhäher gefunden hatte.

In einem anderen Fall waren kurzzeitig die Kontodaten von etwa 9000 Mitarbeitern des Landes über das Internet abrufbar gewesen. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hatte die Daten an ein Unternehmen übermittelt, das die elektronische Bestellung von Jahreskarten für den öffentlichen Nahverkehr abwickeln sollte. Der Server der Firma war unzureichend geschützt, bis Zimmermann und seine Mitarbeiter eingriffen.

Die Oppositionsparteien im Landtag kreideten dem Land mangelnde Rücksicht auf Freiheitsrechte der Bürger an. Die CDU/FDP-Regierung befinde sich bei der Überwachung der Menschen auf einem gefährlichen Weg, meinte der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Hofelich. Der Grünen- Abgeordnete Jürgen Walter kritisierte, dass beispielsweise in der Arbeitsdatei "Politisch motivierte Kriminalität" auch massenhaft unschuldige Menschen wie Moscheebesucher, türkische Gastwirte und Gastgeber von ausländischen Besuchern sowie Kontakt- und Begleitpersonen gespeichert wurden: "Diese Sammelwut trägt nicht zum Ziel der Terrorismusbekämpfung bei." (Edgar Neumann, dpa) / (spo)