Viel Ärger bei Umstellung auf digitales Fernsehen in der Schweiz

Die Cablecom, größte Schweizer Kabelfernsehbetreiberin und Anbieterin von 'Triple Play' (TV, Internet, Telefonie über eine Leitung), gerät wegen ihrer Umstellungsmaßnahmen auf das digitale Fernsehen zunehmend unter Druck.

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Von
  • Tom Sperlich

Die Cablecom, größte Schweizer Kabelfernsehbetreiberin und Anbieterin von 'Triple Play' (TV, Internet, Telefonie über eine Leitung), gerät wegen ihrer Umstellungsmaßnahmen auf das digitale Fernsehen zunehmend unter Druck. Um in ihrem hybrid/koaxialen Netz mit einer Kapazität von 606 MHz mehr Bandbreite für künftige digitale Angebote sowie für die Einführung von HDTV noch in diesem Jahr zu schaffen, verschiebt Cablecom immer mehr Fernsehsender vom analogen ins digitale Netz. Vor allem ausländische Sender sind oder waren bereits davon betroffen, etwa das 2. Programm des italienischen Staatsfernsehens, Rai Due, der spanische Sender TVE oder auch die BBC.

Zu den betroffenen zwölf Sendern, die im Laufe der nächsten zwei Jahre ins digitale Angebot verschoben werden, gehören auch zwei deutsche Sender (WDR und n-tv). Nun hat vor allem die kürzlich angekündigte Verschiebung von zwei weiteren italienischen Sendern (Rai Uno und Canale 5) äußerst heftige Kritik ausgelöst. Die große italienische Sprachgruppe in der Schweiz (ca. 300.000 Personen) ist mit Cablecoms Vorgehensweise nicht einverstanden und protestiert mit einer Online-Unterschriftensammlung gegen die Entscheidung des Unternehmens. Mehr als 7000 Personen sollen die Petition bereits in der ersten Woche unterzeichnet haben. Die italienische Initiativgruppe "stelle die digitale Technologie nicht in Frage", sei "jedoch sowohl mit Art und Weise als auch mit dem Zeitrahmen, wie sie von der Cablecom für die Migrierung angekündigt wurden, nicht einverstanden."

Nun hat sich auch die Politik eingeschaltet. Neben der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP), die mindestens zwei bis drei Sender pro Landessprache im analogen Netz fordert, sind dies sogar die diplomatischen Vertreter zweier Nachbarstaaten der Schweiz: Italien und Frankreich. Nach bereits erfolgten informellen Gesprächen zwischen der Cablecom und Mitarbeitern der italienischen Botschaft soll nun bei einem Treffen am Freitag der stellvertretende italienische Außenminister Franco Danieli mit dem zuständigen Schweizer Bundesrat Moritz Leuenberger auch die Senderverschiebungen ansprechen, berichten Schweizer Medien.

Ein Sprecher von Leuenbergers Department UVEK (Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) sagte, dass eine Intervention seitens des Bundes bei einer Privatfirma wie Cablecom nicht in Frage komme. Allenfalls könnte aber im neuen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) ein Minimalangebot von Sendern festgelegt werden. Der Schweizer Bundesrat unterstützt den Wechsel von analog auf digital und hält diesen, wie der Sprecher betonte, ohnehin für "unabwendbar". Die durchschnittliche Penetrationsrate von digitalem Fernsehen beträgt in der Schweiz bislang lediglich 7 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich 40 Prozent in der EU.

Die italienischen Initiatoren der Online-Petition haben ihre Website unterdessen in fünf Sprachen übersetzt, damit sich auch andere ausländische Gruppen ihrem Protest anschließen können. Und dieser weitet sich bereits aus. So wurde jetzt bekannt, dass sich auch die französische Botschaft mit den Verschiebungen der Sender vom analogen ins digitale Netz beschäftigt, denn unter diesen Stationen, die verschoben werden, befinden sich auch zwei französische Sender: der private TF1 und der größte öffentlich-rechtliche Sender Frankreichs, France 2. Man führe bereits, erklärte ein Sprecher des französischen Kulturattachés in der Schweiz gegenüber heise online, Gespräche mit zwei zuständigen Behörden sowie der Cablecom. Man diskutiere darüber, so der Sprecher, ob mit entsprechenden Regelungen im neuen RTVG der Sender France 2 im analogen Angebot verbleiben könne. (Tom Sperlich) / (jk)