Medienexperte: Mehr Angebotsqualität statt Strafen bei Raubkopien
"Man hat sich bisher fast ausschließlich über den Schutz Gedanken gemacht. Man hätte schon früher mehr über Nutzer und ihre Wünsche nachdenken sollen", kritisiert Patrick Aichroth, Experte für Musikvertrieb des Fraunhofer-Instituts IDMT in Ilmenau.
Der Experte für Musikvertrieb des Fraunhofer-Instituts Digitale Medientechnologie (IDMT) in Ilmenau, Patrick Aichroth, fordert bei Raubkopien von Unternehmen ein Umdenken: Statt bei illegalem Herunterladen von Dateien zu sehr auf Strafen zu setzen, müsse die Qualität der Bezahlangebote verbessert werden. "Technisch ist das illegale Herunterladen nicht vollständig in den Griff zu bekommen", sagte er am Dienstag in einem dpa-Gespräch. Mit hochwertigen Angeboten, neuen Funktionen und angemessenen Preisen könnten Bezahlplattformen aber trotzdem Kunden gewinnen. "Raubkopie-Betrug im großen Stil wie bei den Angeklagten im Prozess in Mühlhausen muss natürlich auch weiterhin bestraft werden."
In dem Prozess haben die Angeklagten im Alter zwischen 22 und 49 Jahren aus Thüringen und Bayern vor dem Landgericht gestanden, hunderte Raubkopien von Filmen, Musikdateien und PC-Spielen verkauft zu haben. Das Urteil wird diesen Mittwoch erwartet. Es handelt sich laut Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen um einen der größten Fälle im deutschsprachigen Raum. Beim Urteil über private Nutzer von Tauschbörsen sprach sich Aichroth dagegen für Gelassenheit aus. "Eine gewisse Tausch-Menge wird es immer geben."
"Man hat sich bisher fast ausschließlich über den Schutz Gedanken gemacht. Man hätte schon früher mehr über Nutzer und ihre Wünsche nachdenken sollen", kritisierte der Experte. "Mit gekauften Produkten muss man einen Mehrwert haben wie erweiterte Suchmöglichkeiten und bessere Klangqualität." Eine andere Möglichkeit, die Angebotsqualität zu verbessern sei, "wenn das System mich kennt und ein persönliches Unterhaltungsprogramm oder passende Kaufempfehlungen liefert."
Die durch privaten Tausch entstandenen Schäden im Internet wollte Aichroth nicht abschätzen. "Aber nicht jeder heruntergeladene Titel wäre auch gekauft worden", gab er zu bedenken. Zwar könne Diebstahl von Daten von Firmencomputern technisch verhindert werden, privater Tausch sei aber schwer zu unterbinden. Systeme könnten nur "halbwegs wasserdicht" gemacht werden, sodass verbotenes Kopieren erschwert sei. "Je sicherer die Lösungen werden, umso schlechter sieht es dann aber bei der Nutzerfreundlichkeit aus." Nach Ansicht Aichroths vergrault das vor allem im sensiblen Massenkundengeschäft die Kunden. (pek)