Medien in rasantem Wandel, aber nicht alle können folgen

Ob wir am Fernseher im Internet surfen, am Computer telefonieren oder am Handy bewegte Bilder betrachten – das ist erst der Anfang der technischen Möglichkeiten, und nichts scheint mehr ausgeschlossen zu sein, wurde auf dem Medienforum NRW deutlich.

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Von
  • Klaus Koch
  • dpa

Als AOL-Europachef Dana Dunne für anderthalb Jahre in die USA versetzt wurde, wollte er sich trotzdem mit seinem in England gebliebenen Sohn gemeinsam ein Fußballspiel ansehen. Mit Hilfe einer Slingbox konnte er an seinem PC in Amerika das gleiche englische TV-Programm empfangen wie sein Sprössling am Fernseher und dabei noch während des Spiels mit ihm telefonieren. Mit diesem Beispiel illustrierte Dunne heute beim Medienforum NRW in Köln, wie weit die Medien und ihre Übertragungswege heute schon zusammengewachsen sind.

Das Stichwort lautet Konvergenz. Ob wir am Fernseher im Internet surfen, am Computer telefonieren oder am Handy bewegte Bilder betrachten – das ist erst der Anfang der technischen Möglichkeiten, und nichts scheint mehr ausgeschlossen zu sein. Die Zeitungen sind stolz darauf, dass sie nach dem ersten Schock über die Anzeigenverluste ihrer Print-Ausgaben inzwischen das Internet als neue Quelle für Werbeeinnahmen und Leserpflege entdeckt haben. Auch bei ihnen gilt: Neue Verbreitungswege ersetzen nicht die alten, sondern ergänzen sie.

Der Wandel ist rasant. Das norwegische Medienhaus Schibsted, noch vor gut einem Jahrzehnt ein reiner Zeitungsverlag, hat sich zu einem internationalen Medienkonzern entwickelt, der seinen Gewinn zu über der Hälfte mit digitalen Angeboten erwirtschaftet. AOL, einst als Anbieter eines Internet-Zugangs gegründet, hat dieses Zugangsgeschäft in Europa verkauft und konzentriert sich auf seine Rolle als Online-Dienstleister und Werbevermarkter.

Können die Konsumenten all dem folgen? Zumindest nicht alle. Darum ist auch die viel zitierte Prognose vom Tod des herkömmlichen Fernsehens nicht in Erfüllung gegangen, die Microsoft-Gründer Bill Gates zugeschrieben wird. Vorhersagen, die kurzfristig in den Haushalten eine vernetzte Multimedia-Welt entstehen sahen, waren ebenso voreilig. So ist auch der Europa-Chef von Microsoft, Jan Muehlfeit, vorsichtig, wenn er nach dem Wohnzimmer von morgen gefragt wird. Da werde wohl nicht überall nur ein Gerät stehen, sondern vielfach mehrere – je nach den Wünschen und Vorlieben der Familie.

Die können so unterschiedlich ausfallen wie die immer zahlreicher werdenden Angebote. Medienvielfalt zu sichern, hat sich auch EU-Kommissarin Viviane Reding auf die Fahnen geschrieben. Immer wieder betont sie die immense Bedeutung privater Initiativen, wenn es um Meinungs- und Medienfreiheit sowie den Pluralismus der Medien geht. Um die Medien frei von staatlichen Einflüssen zu halten, sei Werbung als Finanzierungsquelle unbedingt nötig, ist ihr Credo, notfalls auch als "product placement" im Fernsehen, das in der neuen EU-Medienrichtlinie ausnahmsweise erlaubt wird.

Wer denn nun König im Reich der Medien sei, fragte Nordrhein-Westfalens oberster Medienwächter Norbert Schneider zum Auftakt des Medienforums. Nach Technik und Inhalt ("content is king") solle es nun angeblich der Nutzer sein, auch weil er über Plattformen wie Youtube oder Myvideo selbst zum Produzenten werde. Aber: "Nutzen und Benutzen sind Worte vom selben Stamm." Durch die digital gesammelten Daten werde der Nutzer immer transparenter, während es andere verstünden, "das Netz durch Nutzervernetzung zu nutzen".

Zum 19. Medienforum Nordrhein-Westfalen siehe auch:

(Klaus Koch, dpa) / (anw)