Medienforum: Bloggen für den Journalismus

Auf dem Medienforum NRW diskutierten Blogger und andere Medienschaffende über den Bürgerjournalismus und seine Bedeutung für die traditionellen Medien.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Sind Weblogs Trendsetter für die Zukunft der Medien oder unerwünschte Konkurrenz für den Profi-Journalismus? Auf dem 19. Medienforum NRW in Köln zeigt sich: So groß sind die Gegensätze nicht. Zumindest sind Vertreter von Verlagen sehr interessiert daran, auch Inhalte der Nutzer einzubeziehen.

In der Diskussion über "Citizen Journalists – Demokratisierung oder Qualitätsrisiko" vertrat der Podcaster Daniel Fiene am heutigen Mittwoch die These, dass bezahlte Journalisten von Weblogs nichts zu befürchten hätten – im Gegenteil: "Für Redakteure und Journalisten sind Weblogs sehr interessant, da die Blogger Inhalte filtern." Journalisten könnten über die Lektüre von user generated content nicht nur auf neue Thesen stoßen, sondern auch eine neue Perspektive gewinnen.

Geradezu euphorisch äußerte sich Andre Zalbertus, Gründer des Lokal-Kanals center.tv, der Bürgerjournalisten auf den Sender nimmt. So habe man zur Fußball-WM in Köln 70 Kameras an Freiwillige verteilt, die für den Sender berichteten. Wegen des Erfolgs habe man das Format fortgesetzt. Zwischen 100 und 150 Menschen arbeiteten dem Sender derzeit zu, dieser denkt sogar an eine Ausweitung des Konzepts: Demnächst sollen die unbezahlten Reporter auch Live-Reportagen übernehmen.

Netzjournalist Thomas Mrazek bezeichnete als Vertreter des Deutschen Journalisten-Verbands dieses Geschäftsmodell als "Billig-Journalismus". Center.tv arbeite nach dem "AAL-Prinzip" – man lasse einfach andere für sich arbeiten, das Ergebnis sei ein "Blöd-TV". Zalbertus hingegen sieht in seinem Sender freilich ein Erfolgsmodell: Er übernehme Themen, die in anderen Medien nicht auftauchten. Das Spektrum des Senders ist aber deutlich begrenzt. Im Bereich politischer Berichterstattung wolle man gar nicht mit anderen Angeboten wie dem Westdeutschen Rundfunk konkurrieren, erklärt Zalbertus. "Man muss als Journalist kein Angst haben", resümiert der Medienmanager. Die Betreuung der Bürgerjournalisten liege nach wie vor in der Hand von professionellen Journalisten. Durch die Bürgerbeteiligung werde das Berufsbild des Journalisten lediglich verändert.

Markus Beckedahl, Gründer des Blogs Netzpolitik stellt Bloggen als Kulturtechnik vor. Mit der neuen Technik hätten breite Bevölkerungsschichten erstmals eine Stimme, als Journalisten-Ersatz sehe man sich allerdings nicht. Geld wollten die Blogger meist nicht verdienen, sondern hätten Spaß am Publizieren. Es gebe auch andere Motive zum Bloggen: So habe er sein Blog gegründet, da andere Medien zu wenig über netzpolitische Themen berichteten. Mittlerweile sei das Blog auch ein Marketing-Instrument für den Aktivisten für freie Software.

Diese Marketing-Wirkung wollen sich auch andere zu Nutze machen. Gerade in Köln boomen Lokalangebote mit Bürgerbeteiligung. Die offizielle Website der Medien-Stadt arbeitet an einer Zusammenarbeit mit dem Video-Portal Sevenload. Damit tritt das Portal unter anderem in Konkurrenz zu dem Web-TV-Angebot des Kölner Stadtanzeigers, das von Zeitungs- und Online-Journalisten bestückt wird. Ob die Bevölkerung der Medienstadt mit so viel neuem Journalismus klarkommen wird, muss sich noch zeigen. Zumindest die Teilnehmer des Medienforums sind durchweg optimistisch. (Torsten Kleinz) / (vbr)