Auf der Suche nach der perfekten Homepage

An der Uni Stuttgart-Hohenheim stellen Wissenschaftler mit Hilfe der elektronischen Blickaufzeichnung die Übersichtlichkeit von Webseiten auf den Prüfstand.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Catherine Simon
  • dpa

Sie bringen einen zur Verzweiflung: Internetseiten, auf denen man alles Mögliche findet – nur nicht das, was man sucht. Diesen Ärgernissen im weltweiten Datennetz haben Forscher der Uni Stuttgart-Hohenheim nun den Kampf angesagt. Mit Hilfe der elektronischen Blickaufzeichnung stellen sie die Struktur und Übersichtlichkeit von Homepages auf den Prüfstand. In ihrem "Communication Lab" untersuchen sie die Besonderheiten elektronischer Kommunikation.

Ein kleiner blauer Punkt flitzt hektisch kreuz und quer über den Computer-Bildschirm. Ab und zu verharrt er kurz und saust dann weiter. Er zeigt an, wie sich die Augen des Internet-Nutzers bei seiner Suche bewegt haben. Unter dem Bildschirm sind zwei Infrarot-Kameras angebracht. Diese "Eye-Tracker" registrieren Reflexionen auf der Hornhaut und erkennen so die Blickbewegungen. Die Wirtschaftsinformatikerin Mareike Schoop und ihr Team nutzen seit Ende 2006 in ihrem Labor eine Technik, die beim Zeitschriften-Marketing schon lange angewendet wird. Normalerweise werden auf diese Weise Werbeanzeigen untersucht: Wie lange etwa ein Markenname fixiert wird oder das Produkt selbst.

"Wir dagegen versuchen herauszufinden, wo die Internetnutzer hinschauen und nach welchem System", sagt die 36-jährige Wissenschaftlerin. Die meisten Menschen hätten Nutzungsmuster im Netz entwickelt. Sie erwarten beispielsweise ein Menü immer an einer bestimmten Stelle, erklärt Schoop, und zwar meistens links. Zu viele verschiedene Menüs und Bilder verwirrten eher, als dass sie weiterhelfen. Blinkende Werbebanner würden meist gar nicht wahrgenommen. Schoop: "Die Nutzer entwickeln eine richtige Banner-Blindheit."

Der "Eye-Tracker" muss an jede Versuchsperson angepasst werden, da die Stellung und Größe der Augen bei jedem Menschen anders ist. Das geht jedoch ganz schnell. Und der Versuch kann beginnen. Dass ihre Blicke genau beobachtet werden, merken die Versuchskaninchen im Labor nicht. Durch einen Einwegspiegel können die Forscher den Probanden im Laborraum beobachten. Diese heimliche Bespitzelung ist nötig, wie Mareike Schoop erklärt: "In Untersuchungen ist gezeigt worden, dass sich Probanden sehr viel natürlicher verhalten, wenn sie nicht das Gefühl haben, der Forscher steht dahinter und schreibt direkt mit."

Mit einem speziellen Programm wird später untersucht, welche Teile der Seite für den Nutzer am interessantesten waren. Diese Bereiche sind bei der so genannten "Hot-Spot-Analyse" rot eingefärbt. Weniger interessante Bereiche sind grün oder gar nicht eingefärbt. Eine Internetseite muss klar strukturiert und selbsterklärend sein, wenn sie die Besucher lange fesseln will. Viele Chancen geben die Nutzer ihr nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler nämlich nicht. Im Durchschnitt brechen Internetsurfer bereits nach fünf Mausklicks ihre Suche nach einer bestimmten Information ab.

Die Hohenheimer Forscher untersuchen aber nicht nur Webseiten mit dem "Eye-Tracker". Auch ein von ihnen entwickeltes elektronisches Verhandlungssystem wird mit Hilfe der Technik studiert. Ein Ergebnis: Grafiken ziehen den Blick längst nicht so magisch an, wie lange vermutet. Außerdem verhandeln Männer und Frauen anderes. Frauen sind demnach in einer Verhandlung argumentativ geschickter und versuchen, die Beziehung zu ihrem Partner auf lange Sicht positiv zu erhalten. Männer verhandelten eher auf ihren eigenen Nutzen bedacht. "Vor dem Computer kann man sich nicht lange verstellen", meint Mareike Schoop lächelnd. "Typisch männliche oder weibliche Verhaltensmuster finden sich auch in der elektronischen Kommunikation wieder ­ selbst wenn sich Frauen als Männer ausgeben." (Catherine Simon, dpa) / (anw)