Roboter-Leistungsschau ELROB: Erkundungen in Matsch und Regen

Beim European Land-Robot Trial (ELROB) in der Schweiz mussten am heutigen Dienstag Gelände-Roboter ihre Fähigkeiten auf schwerem Wald-Geläuf unter Beweis stellen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 33 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Bei der Fahrt durchs Dickicht sind einige Blätter hängengeblieben: Telemax nach seinem erfolgreichen Einsatz.

Blitz und Donner in der Nacht zum Dienstag werden vielen Teilnehmern bei ELROB 2007 (European Land-Robot Trial) nicht nur wegen der Lautstärke den Schlaf gestört haben. Schließlich galt es am zweiten Tag der Roboter-Leistungsschau, ein Waldgebiet von knapp 100 mal 100 Metern zu erkunden. Da ist starker Regen nicht gerade das Wetter, das man sich wünscht.

Dennoch zog am Vormittag nur ein Team seine Teilnahme zurück. Der Roboter der Jacobs University Bremen ist nicht ausreichend gegen Wasser geschützt, insbesondere die Sensoren hätten Schaden nehmen können. Das Team der University of Oulu versuchte es immerhin, musste aber mehrmals manuell eingreifen, um den Sturz des Roboters in eine Pfütze zu verhindern. Nach knapp 20 Minuten brachen die Finnen ab, ohne eines der im Waldgebiet versteckten orangefarbenen Schilder gefunden zu haben.

Bevor ihr Roboter in der PfĂĽtze versank, nahmen ihn die Finnen lieber aus dem Rennen.

Das Team der Universität Würzburg nutzte die vollen 40 Minuten und konnte den Roboter gut durchs Unterholz steuern. Allerdings gelang es erst fünf Sekunden nach Ablauf der Zeit, ein Schild zu identifizieren und lokalisieren. Für die Wertung ist jedoch auch entscheidend, wann die Teams ihre Daten an die Schiedsrichter übergeben. Da die Würzburger hierbei sehr schnell waren, reichte ihre Leistung am Ende für den dritten Platz.

Das Team vom Warschauer Industrial Research Institute for Automation and Measurements (PIAP), das mit drei Robotern angereist ist, schickte zunächst das kleinste Modell "Scout" ins Gelände. Der wendige Rover hatte augenscheinlich keine Probleme mit dem unebenen Untergrund, erklomm rasch den Hügel und verschwand aus dem Blickfeld der Zuschauer. Zwei Schilder konnte der Operator finden, allerdings nicht die Positionskoordinaten bestimmen. Die Funde wurden daher nicht gezählt, obwohl die Mobilität des Roboters durchaus Eindruck machte.

Der polnische Roboter "Scout" hatte mit dem Gelände wenig Probleme, konnte aber die Schilder nicht lokalisieren.

Nach den Polen durchsuchte "Telemax" von der Telerob GmbH das Waldstück. Der Roboter, der in erster Linie fürs Durchsuchen von Bussen, Flugzeugen oder Eisenbahnwagen und das Entschärfen von Sprengsätzen konzipiert ist, hatte keine Scheu, auch durch dichtes Gras und Gestrüpp zu fahren, und fand vier Schilder, das letzte knapp drei Minuten vor Ablauf der Zeit. "Das war das bisher schwierigste Gelände, durch das ich mit dem Roboter gefahren bin", sagte Operator Andreas Ciossek hinterher. "Verglichen mit dem letzten ELROB in Hammelburg war das sicherlich eine Größenordnung schwerer."

Ein Wassertropfen mitten auf der Kameralinse hatte in den letzten Minuten die Sicht von Telemax erheblich beeinträchtigt. Damit war dieser Lauf nicht nur hinsichtlich der Punktwertung erfolgreich und brachte Telerob auf den ersten Platz, sondern er zeigte auch Entwicklungsbedarf auf: Roboter, die unter zeitkritischen Bedingungen zuverlässig arbeiten sollen, benötigen eine Vorrichtung, etwa ein Gebläse, um Verschmutzungen der Kameralinse rasch zu beseitigen. Denkbar wäre natürlich auch eine Reservekamera.

Mitglieder des Siegener Teams tauschen die defekte Lenk-Kette von Amor aus, ein Schiedrichter schaut zu.

Am Nachmittag klarte das Wetter auf und die Sonne kam durch. Dennoch verzichtete das polnische Team darauf, auch noch ihre beiden anderen Roboter "Inspector" und "Expert" ins Rennen zu schicken. Angesichts des hohen Gewichts von bis zu 500 Kilo wären die Kettenantriebe wahrscheinlich zu schmal, um ein Einsinken im aufgeweichten Waldboden zu verhindern. Das Team Robotics Inventions, ebenfalls aus Polen, das sich für den Wettbewerb angemeldet hatte, ist bislang noch nicht hier eingetroffen, hat sich aber telefonisch gemeldet und will Mittwoch und Donnerstag auf jeden Fall teilnehmen.

So blieben nachmittags nur zwei Teams übrig. Den Anfang machte "Amor" (Autonomous Mobile Outdoor Robot) von der Universität Siegen. Das von Klaus-Dieter Kuhnert geleitete Team hat ein Quad mit Benzinmotor und Vierradantrieb als Plattform gewählt und mit Kameras, Laserscannern und GPS-Empfängern ausgestattet. Eine Besonderheit sind zwei auf den Boden gerichtete Kameras, die die Geschwindigkeit des Fahrzeugs messen. Auf diese Weise können die Odometrie-Daten, die die Umdrehungen der Räder wiedergeben, aber durch Radschlupf verfälscht werden können, korrigiert werden. Um die Daten der Laserscanner und Kameras besser interpretieren zu können, verfügt Amor zudem über einen Feuchtigkeitssensor, der Regen oder Nebel detektieren kann.

Ravon hat ein Schild entdeckt. Die Detektion der Schilder geschah autonom...

Das Siegener Fahrzeug hat eine Reichweite von etwa 100 Kilometern und ist eigentlich für großräumige Erkundungen ausgelegt. Der Operator mied das Dickicht und blieb sicherheitshalber auf den breiteren Schneisen. Der Bruch der Kette zur Kontrolle der Lenkung sorgte wenige Minuten nach dem Start für eine Unterbrechung. Dennoch gelang es, ein Schild zu lokalisieren. Da das Siegener Team bei der Datenübergabe schnell war, reichte das für den zweiten Platz.

Das Team der Universität Kaiserslautern, das zuletzt an den Start ging, hatte angekündigt, ihren Roboter "Ravon" (Robust Autonomous Vehicle for Offroad Navigation) teilweise autonom fahren zu lassen. Angesichts großer Pfützen mit unbekannter Tiefe wurde dann aber doch darauf verzichtet. Der Roboter könne zwar Hindernisse erkennen, hieß es, aber kein Wasser. Grundsätzlich legen die Kaiserslauterer aber großen Wert auf Autonomie. "In schwierigem Gelände bieten Sensoren häufig nicht genug Informationen für den Operator", erläutert Helge Schäfer. "Autonome Navigation kann da effizienter sein."

...der Roboter selbst wurde aber ferngelenkt. Angesichts der vielen PfĂĽtzen war dem Team aus Kaiserslautern das Risiko autonomer Navigation zu groĂź.

Um sich von hohem Gras nicht stoppen zu lassen, hat der Roboter eine berührungsempfindliche Stoßstange. Damit kann er sich detektierten Hindernissen vorsichtig annähern und prüfen, ob sie nachgeben. Die Elektromotoren sollen Steigungen bis zu 100 Prozent bewältigen, dennoch hatte Ravon mit der ersten Steigung große Probleme. Das lag allerdings auch an der Unebenheit des Untergrunds, der immer wieder die Räder durchdrehen ließ. Um eine Überhitzung der Motoren zu vermeiden, mussten mehrere Pausen eingelegt werden. Doch schließlich erreichte Ravon den Gipfel des Hügels, von wo aus er ein Schild lokalisieren konnte. Das reichte für den dritten Platz, den sich die Kaiserslauterer mit dem Team der Uni Würzburg teilen.

Am Mittwoch stehen nun Erkundungen in städtischem Umfeld auf dem Programm. Dabei sollen die Roboter auch in Gebäude eindringen und Räume durchsuchen. Das dürfte der Tag der kleinen, wendigen Fahrzeuge werden. (Hans-Arthur Marsiske) / (pmz)