Roboterleistungsschau ELROB: Mehr Autonomie wagen

Gibt es ideales Wetter für den Robotereinsatz? Wohl ein grau bedeckter Himmel bei Windstille und moderaten Temperaturen - über den strahlenden Sonnenschein konnten sich die Teams am 3. Wettbewerbstag des ELROB jedenfalls nicht uneingeschränkt freuen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Spyrobot 4WD von Macroswiss: schnell und wendig, aber ohne GPS

Gibt es ideales Wetter für den Robotereinsatz? Wahrscheinlich wäre das ein grau bedeckter Himmel, der für gleichmäßiges Licht sorgt, bei Windstille und moderaten Temperaturen. Über den strahlenden Sonnenschein auf dem Monte Ceneri konnten sich die Teams am dritten Wettbewerbstag bei ELROB jedenfalls nicht uneingeschränkt freuen. So stellte Andreas Birk von der Jacobs University Bremen seine Roboter vorsorglich in den Schatten, damit sie sich vor der 40-minütigen Fahrt durch urbanes Gelände nicht unnötig aufheizten.

Der Roboter der Jacobs University Bremen schaffte es beim ersten Versuch gerade mal auf den Parkplatz

Die Vorsichtsmaßnahme konnte leider nicht verhindern, dass die Roboter schon nach wenigen Minuten ausfielen. Schade, denn die Bremer wollten die Erkundungsaufgabe teilautonom bewältigen. Ein Operator steuerte beide Roboter, denen er jeweils Zielpunkte auf der von deren Laserscannern erstellten Karte vorgab. Diese Punkte sollten die Roboter dann autonom ansteuern. Ein Roboter, dessen Laser nur eine Reichweite von etwa vier Metern hat, blieb schon nach wenigen Metern stehen. Der andere mit 80 Metern Reichweite schaffte es immerhin auf den Parkplatz, auf dem mehrere Container, Fahrzeuge und andere Gegenstände aufgestellt waren. Probleme mit der Funkverbindung verhinderten jedoch, dass er die Suche nach den orangefarbenen Schildern aufnehmen konnte. Ein zweiter Lauf am späten Nachmittag verlief immerhin etwas erfolgreicher.

Der Roboter der University of Oulu und eine von ihm abgeworfene Relaisstation

Vielversprechend war auch der Ansatz des Teams von der University of Oulu. Deren Roboter hatte mehrere Relaisstationen an Bord, die er an geeigneten Stellen abwarf, um die Funkverbindung aufrechtzuerhalten. Zwei dieser Stationen wurden allerdings offenbar zu dicht hintereinander deponiert. "Es kam nicht gleich eine Rückmeldung, ob die Auslösung erfolgreich war", sagt Teamleiter Juha Röning. "Der Operator hat den Befehl daher noch einmal gesendet." Das Ergebnis war, dass die Relaisstationen untereinander kommunizierten und die Verbindung mit dem Operator eher störten als unterstützten.

Die Entwicklung von Robotern für den Außeneinsatz sei sehr schwierig, betonte Röning bei einer Pressekonferenz auf die Frage, warum die Beteiligung beim diesjährigen ELROB mit 14 Teams eher gering ausgefallen ist. Cheforganisator Frank E. Schneider unterstrich das mit dem Hinweis auf eine Veranstaltung zu Outdoor Robotics im Rahmen der Konferenz "Robotics and Applications" Ende August in Würzburg. Auf eine weltweite Ausschreibung seien nur neun Papers eingereicht worden.

Alan Winfield von der University of Bristol verwies aber auch darauf, dass die 14 Teams immerhin alle ohne finanzielle Unterstützung durch die Veranstalter angereist seien. Damit war das Pressegespräch beim heiklen Thema Geld angekommen. Das Budget des ELROB, so Schneider, liege bei etwa 3000 Euro. Die kämen durch die Teilnahmegebühren der Teams und der Aussteller zusammen. Die Nutzung des Geländes wurde durch die Schweizer Regierung kostenlos ermöglicht. Ansonsten würden die Teilnehmer und Organisatoren die finanziellen Möglichkeiten ihrer jeweiligen Institutionen nutzen – und freiwillig Überstunden machen.

Dass sich der ELROB auf diese Weise nicht lange fortsetzen lässt, brauchte Schneider nicht extra zu betonen. Dennoch haben die Planungen für 2008, wenn ELROB wieder mit militärischer Ausrichtung auf dem Bundeswehr-Übungsgelände bei Hammelburg stattfinden wird, sowie für 2009 bereits begonnen. Beim zweiten zivilen ELROB im Jahr 2009 soll ein Schwerpunkt auf die Benutzerschnittstelle gelegt werden. Alan Winfield hält das Situationsverständnis für die derzeit größte Herausforderung in der Robotik. Das gilt für autonome Roboter ebenso wie für ferngesteuerte. Um das stärker auf die Probe zu stellen, sollen die Roboter in zwei Jahren daher nicht durch Teammitglieder, sondern durch untrainierte Operatoren, etwa Feuerwehrleute oder andere Rettungskräfte, gesteuert werden.

Machte am Mittwoch das Rennen: Roboter "Merlin" von der Universität Würzburg

Diesmal saßen noch erfahrene Leute an den Konsolen. So steuerte Andreas Ciossek von der Telerob GmbH den Roboter Telemax auch durch das städtische Testfeld sehr souverän und fand sieben Schilder. Weil er zu lange brauchte, um die Daten an die Schiedsrichter zu übermitteln, reichte es allerdings nur für den zweiten Platz. Der bis zu 30 km/h schnelle Roboter "Merlin" der Universität Würzburg hatte ebenfalls sieben Schilder korrekt identifiziert und lokalisiert, war aber schneller bei der Datenübermittlung.

Beeindruckend war auch die Wendigkeit des kleinen "Spyrobot 4WD" der Schweizer Firma Macroswiss. Der Roboter fährt bis zu 10 km/h, was aber aufgrund seiner kleinen Dimensionen schneller wirkt. Mit seinen "flapper wheels" kann er vergleichsweise große Hindernisse überwinden. Im Wasser wirken diese stachelförmigen Räder wie Paddel. Der Spyrobot kann bis zu zehn Meter weit geworfen werden, etwa durch Fenster in Gebäude, um Bilder aus dem Innern zu übermitteln. Im ELROB-Wettbewerb konnte der Minispion mehrere Schilder finden. Da er über keinen GPS-Sensor verfügt, konnte er aber nicht deren Koordinaten ermitteln, was sich auf die Punktewertung negativ auswirkte.

Während er teilautonom nach Hause fuhr, übermittelte "MoRob 4x4" von der Universität Hannover schon mal die Daten an den Operator

Die von den Veranstaltern gewünschte Autonomie demonstrierte immerhin teilweise der Roboter "MoRob 4x4" der Universität Hannover. Mit Hilfe seines Laserscanners konnte er die Schilder automatisch detektieren, weil deren Reflektionen deutlich heller ausfallen als andere Gegenstände. Außerdem konnte er teilautonom fahren. Auf dem Rückweg gab ihm der Operator lediglich drei Zielpunkte vor, die der Roboter selbstständig ansteuerte und unterdessen schon die Positionsdaten der Schilder übermittelte.

Trauriges Ende eines ambitionierten Versuchs: der finnische Bodenroboter neben den Trümmern des abgestürzten Flugroboters

Nach Abschluss des Wettbewerbs der Bodenroboter im städtischen Gelände bekam dann das Team der University of Oulu eine zweite Chance beim Combined Scenario, das die Kooperation zwischen einem fliegenden und einem fahrenden Roboter auf die Probe stellt. Leider stürzte der mit vier Rotoren arbeitende Flugroboter schon nach knapp einer Minute ab, weil er offenbar im Flug einen Neustart versucht hatte. Ursache dafür könnte – wieder einmal – eine gestörte Funkverbindung gewesen sein.

Ein Teilnehmer meinte, dass er sich für das Scheitern seines Roboters nicht voll verantwortlich fühle, weil es ja an der Funkverbindung gelegen hätte. Auf Dauer hilft das aber nicht weiter. Die Robotikexperten werden auch dieses Problem in den Griff kriegen müssen. Ein vielversprechender Weg ist es, den Grad der Autonomie bei den Robotern zu erhöhen. Die Probe aufs Exempel wird am heutigen Donnerstag, dem letzten Wettbewerbstag, erfolgen: Dann müssen die Fahrzeuge eine urbane und/oder eine nicht-urbane Strecke komplett autonom bewältigen und dabei wieder die orangenen Schilder finden. Da die Strecke ziemlich steil den Berg hinunter und teilweise hinter massiven Gebäuden verläuft, wird die Steuerung über Funk schlichtweg nicht möglich sein.

Zum ELROB (European Land-Robot Trial) 2007 siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (jk)