Indien: 400.000 neue IT-Arbeitsplätze in diesem Jahr

Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr betrage etwa 25 Prozent, erklärte die indische Handelsorganisation Nasscom. Einen Rückschlag musste das Land auf dem Gebiet der Halbleiterfertigung hinnehmen: Intel wird vorerst keine Chip-Fabrik in Indien bauen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die indische Handelsorganisation Nasscom (National Association of Software and Services Companies) rechnet in diesem Jahr mit der Schaffung von rund 400.000 neuen Arbeitsplätzen im IT-Sektor. Im Jahresvergleich betrage der Zuwachs damit 25 Prozent, erklärte Nasscom-Präsident Kiran Karnik am heutigen Freitag in Kalkutta. 2006 hätten in Indien etwa 1,6 Millionen in der IT-Branche Beschäftigte Umsätze in Höhe von 32 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Karnik wies aber auch darauf hin, dass sich die Rahmenbedingungen, etwa im Bereich der Steuervergünstigungen für IT-Unternehmen, verschlechtert hätten.

Dies mache sich zwar nicht sofort negativ bemerkbar, verdeutlichte Karnik, auf lange Sicht werde dadurch aber in Indien die Gründung von Start-Ups im Informations- und Telekommunikationssektor erschwert. Der Nasscom-Chef forderte die Politik auf, steuerliche Vergünstigungen insbesondere für die Software Technology Parks of India (STPI) auch über das Jahr 2009 hinaus zu gewähren. Das Konzept der STPIs war Anfang der 90er-Jahre mit dem Ziel entwickelt worden, den Export indischer Software und IT-Dienstleistungen anzukurbeln. Gegründet wurden insgesamt 21 "kleine Silicon Valleys", wobei sich die Regionen Bangalore, Noida, Chennai, Hyderabad und Pune schnell zu den wichtigsten Hightech-Zentren des Landes entwickelten.

Was Indien bislang aber nicht im großen Stil aufbauen konnte, ist eine eigene Halbleiter-Industrie. Und dies wird sich auch in näherer Zukunft wohl nicht ändern: Der weltgrößte Chiphersteller Intel kündigte jetzt an, von Plänen zum Bau einer Fertigungsstätte in Indien Abstand nehmen zu wollen. Grund seien bürokratische Probleme, erklärte Intel-Aufsichtsratschef Craig Barrett. Bereits vor drei Jahren habe man erste Gespräche mit der indischen Regierung über verbindliche Richtlinien für eine Großinvestition auf dem Subkontinent geführt, doch ein urkundlich festgelegter Plan sei dabei nicht zustande gekommen, und inzwischen habe die indische Regierung "das Planungsfenster von Intel verpasst", sagte Barrett.

Zwar hieß es im Februar, ausländische Chipproduzenten könnten bei einer Ansiedlung in Indien mit staatlichen Subventionen in einer Größenordnung von 20 Prozent des Investitionsvolumens, Steuervergünstigungen und zinslosen Krediten mit einer Laufzeit von zehn Jahren rechnen, andere asiatische Länder wie China und Vietnam bieten momentan aber offenbar günstigere Konditionen für den Bau neuer Halbleiterfabriken, deren Kosten sich auf bis zu vier Milliarden US-Dollar belaufen können. So will Intel sich jetzt zunächst auf den Bau eines 2,5 Milliarden US-Dollar teuren Werks in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian konzentrieren, in dem ab 2010 Chipsätze auf 300-mm-Wafern produziert werden sollen.

Heißer Kandidat für neue Investitionen ist derzeit aber vor allem Vietnam, wo Intel bereits im vergangenen Jahr Verträge zum Bau einer Fabrik in der Nähe von Ho-Chi-Minh-Stadt unterschrieben hatte, in der ab 2009 Chips getestet und eingehäust werden sollen. Vietnam versucht derzeit verstärkt, ausländische Hightech-Unternehmen über Steuervergünstigungen für eine Ansiedlung in dem südostasiatischen Land mit rund 86 Millionen Einwohnern zu gewinnen. Zuletzt hatte die Hon Hai Precision Industry, mit einem Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Euro einer der größten Computer-Hardware-Hersteller weltweit, angekündigt, in den kommenden fünf Jahren umgerechnet 3,7 Milliarden Euro in den Aufbau neuer Fabriken in Vietnam zu investieren.

Der Konzern, der in Europa unter dem Namen Foxconn auftritt, fertigt unter anderem Komponenten für OEM-Kunden wie Intel, Apple, Sony oder Dell, und will im Großraum Hanoi gleich mehrere Produktionsstätten errichten. Auch der taiwanische Auftragsfertiger Compal Electronics siedelt sich in Vietnam an und will ab 2010 bis zu 500.000 Notebooks pro Monat von dort ausliefern. Asustek Computer soll ebenfalls Interesse am Aufbau einer Produktionsstätte in Vietnam bekundet haben. Indien bleibt für Intel aber weiterhin ein wichtiger Standort: Das Unternehmen beschäftigt dort bereits mehr als 3.000 Fachkräfte im F&E-Bereich und plant bis 2010 jährliche Investitionen von rund 200 Millionen US-Dollar. Und sollte Intel seine Produktionskapazitäten weiter erhöhen, stehe Indien noch immer "mit ganz oben auf der Liste möglicher Investments", versprach Barrett. (pmz)