Tschernobyl wird neu eingesargt
In Kiew wurden am heutigen Montag Verträge zum Bau einer neuen Schutzhülle für die Überreste des einstigen Blocks 4 des Kernkraftwerks von Tschernobyl unterzeichnet. Das Milliardenprojekt soll aus der Ruine ein "ökologisch ungefährliches" Objekt machen.
- Peter-Michael Ziegler
Rund 24.000 Jahre wird es dauern, bis das 1986 beim Reaktorunglück von Tschernobyl freigesetzte Plutonium die Hälfte seiner Radioaktivität verloren hat. Für die kommenden 100 Jahre wurden jetzt Weichen gestellt, damit keine weiteren radioaktiven Partikel aus den Überresten der geschmolzenen Reaktorkernmasse in die Atmosphäre austreten. Das französische Unternehmen Novarka unterzeichnete am heutigen Montag in Kiew einen Vertrag mit der ukrainischen Regierung über die Errichtung einer neuen Schutzhülle, die über den bisherigen Betonmantel gezogen wird. Die nach der Reaktorexplosion vor 21 Jahren provisorisch aufgebaute alte Schutzhülle ist den Angaben zufolge inzwischen an zahlreichen Stellen porös und droht einzustürzen. Der neue "Sarkophag" soll mehr als 257 Meter lang, 150 Meter breit und über 108 Meter hoch werden.
Das gut eine Milliarde Euro teure Projekt, das über den von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) verwalteten "Chernobyl Shelter Fund" finanziert wird, werde den Reaktor zu einem "ökologisch ungefährlichen" Objekt machen, erklärte der stellvertretende Leiter des Sekretariats des ukrainischen Präsidenten, Alexander Tschaly. Novarka – ein Konsortium unter französischer Leitung, dem die Konzerne VINCI, Bouygues (beide Frankreich), Nukem (Deutschland/Großbritannien), Hochtief (Deutschland) sowie einige ukrainische Firmen angehören – setzte sich im Wettstreit um den Zuschlag für den "Shelter Implementation Plan" gegen den US-amerikanischen Konkurrenten CH2M Hill durch.
Die Bogenkonstruktion für Tschernobyl soll zunächst in sicherem Abstand zu der strahlenden Ruine aufgebaut und dann auf Schienen zum einstigen Block 4 des Kernkraftwerks gerollt werden. Die Fertigstellung ist für Ende 2011 geplant. Darüber hinaus schloss die Ukraine einen Vertrag mit dem US-Konzern Holtec International zur Umlagerung von radioaktivem Abfall aus den anderen drei Tschernobyl-Blöcken, die teilweise noch bis in das Jahr 2000 aktiv waren. Die rund 22.000 bisher in Tiefwasserbecken gelagerten Brennelemente sollen in Containern verkapselt und auf dem Kraftwerksgelände deponiert werden. (pmz)