Photonische Kristallfasern für den Heimanwender

Japans NTT ist auf dem Fiber-to-the-Home-Trip und entwickelt eine Konkurrenz für Polymerfasern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Richard Sietmann

Wenn Forschen das Ausprobieren von Möglichkeiten ist, dann liefert die European Conference on Optical Communications (ECOC) reichlich Anschauungsmaterial. Jedenfalls besteht die Welt der Lichtwellenleiter längst nicht mehr nur aus konventionellen SMF- und MMF-Glasfasern. Gleich zwei Sessions widmeten sich den Entwicklungen der sogenannten "Photonic Crystal Fibers" (PCF). Während bei normalen Glasern die Lichtleitung auf der Totalreflexion des im Faserkern geführten Lichtes an dem umgebenden Fasermantel besteht, ist bei den PCFs der Kern von einem mikrostrukturierten Material umgeben, das für bestimmte Wellenlängen so etwas wie eine "verbotene Zone" darstellt und die Ausbreitung von Licht schlichtweg verhindert: Licht aus dem Faserkern kann somit nicht durch den Mantel entweichen.

Hinter der Entwicklung von PCFs steht unter anderem die Hoffnung, den Nachteil der herkömmlichen Lichtwellenleiter zu überwinden, dass zu starke Krümmungen bei der Verlegung das Lichtsignal erheblich schwächen – zu enge Biegungen beeinträchtigen die Totalreflexion und das Signal wird in der Ummantelung absorbiert. Das ist ein Nachteil, mit dem auch die polymeroptischen Fasern (POF) zu kämpfen haben. Der Mantel einer PCF hingegen sollte auch bei starker Faserkrümmung eine verbotene Zone bleiben.

Weltweit experimentieren Forscher mit photokristallinen Fasern in allen denkbaren Materialien und strukturellen Konfigurationen. Auf der ECOC präsentierte Toshio Kurashima von den NTT Access Network Service Systems Laboratories am heutigen Mittwoch die Entwicklungsergebnisse zur "Hole-Assisted Fiber" (HAF). Sie besteht – im Querschnitt betrachtet – aus einem herkömmlichen Faserkern, um den herum periodische Löcher in dem üblichen 125-Mikrometer-Glasmantel angeordnet sind. Die Konstruktion nutzt somit beide Ausbreitungsmechanismen der Lichtwellen, die Führung durch Totalreflexion und die Verhinderung des Lichtaustritts durch den photokristallinen Effekt. Diese Fasern, erklärte Kurashima, zeichnen sich durch die außerordentlich geringe Biegedämpfung von 0,01 dB bei 2 mm Biegeradius aus, das heißt, sie können über Kanten verlegt, aufgerollt und sogar geknotet werden, ohne dass es zu nennenswerten Beeinträchtigungen der Übertragungsleistung kommt.

Sein Labor hat HAF-Anschlusskordeln mit Ringdurchmessern zwischen 12 und 22 Millimetern untersucht, die sich ausziehen lassen und ähnlich robust sind wie die Anschlusskordeln von Telefonhörern. Mit SC-Steckern konfektioniert, sollen sie den optischen Anschluss von der Wandsteckdose flexibel auf den Desktop beziehungsweise in das Endgerät verlängern. Unter praktischen Gesichtspunkten gleicht sich damit die Handhabung des optischen Anschlusses der von Kupferanschlusskabeln an. "Wir haben die HAF-Kordeln im Hinblick auf die Do-it-yourself-Installation entwickelt", erklärte der Japaner. "Do-it-yourself auf der Grundlage der Hole-Assisted Fiber wird Fiber-To-The-Home weiter voranbringen", ist er überzeugt.

Im weltweiten Vergleich ist Japan bereits das Land mit der größten Verbreitung von Glasfaseranschlüssen. Im Jahr 2005 ließen sich monatlich schon mehr Teilnehmer über Fiber-To-The-Home (FTTH) als per ADSL ans Breitbandnetz anschließen und inzwischen zählt der führende Netzbetreiber NTT mehr FTTH- als ADSL-Teilnehmer. Im ersten Quartal 2007 war die Zahl der FTTH-Kunden auf 8,8 Millionen gestiegen. Für das Jahr 2010 hat sich die NTT das Ziel von 30 Millionen Teilnehmern gesetzt.

Zur European Conference on Optical Communications (ECOC 2007) siehe auch:

(Richard Sietmann) / (jk)