Erste permanente Funkzelle für TV-Übertragungen im Berliner Regierungsviertel

Der Nachrichtensender n-tv hat eine permanente Funkanlage für die Übertragung von Kamerabildern aus dem Regierungsviertel ins Hauptstadtstudio in Betrieb genommen. Die mit dem DVB-T-Standard funkende Anlage ist die erste ihrer Art in Deutschland.

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Von
  • Georg Immich

Mobile Kameras mit Funksendern gehören bei Außenübertragungen von zum Beispiel Autorennen oder Fußballspielen zum Standard bei Fernsehanstalten. Häufig sind diese Systeme aber nicht fest auf den Übertragungswagen installiert, sondern werden von speziellen Dienstleistern je nach Bedarf zugeliefert. Für seine Übertragungen aus dem Regierungsviertel in Berlin leistet sich der Nachrichtensender n-tv nun die erste fest installierte Funkzelle für Kameras in Deutschland. Ein im April auf dem Dach des Hauptstadtstudios von n-tv am Schiffbauerdamm installiertes Funksystem des englischen Herstellers Link Research ist nach einem mehrwöchigen Testbetrieb mit dem Start der Sitzungsperiode des Bundestages Mitte September in den regulären Einsatz gegangen.

Im Umkreis von 1,5 Kilometer um das Studio besteht nicht nur im Freien einwandfreier Empfang, sondern auch in den Foyers des Bundestages und Bundesrates. Für Stefan Kalkbrenner, Leiter der Abteilung Außenproduktion bei n-tv, sind damit seine technischen Vorgaben erfüllt. "Wir haben uns zum Ziel gesetzt, innerhalb von 10 Minuten an jedem Ort im Regierungsviertel live auf Sendung gehen zu können. Unser Aktionskreis reicht dabei vom Kanzleramt und dem Bundespräsidialamt bis zum Potsdamer Platz und den englischen und amerikanischen Botschaften." Neben der viel kürzeren Reaktionszeit bei aktuellen Ereignissen ergeben sich aus dem Einsatz der Funktechnik laut Kalkbrenner erhebliche Kostenersparnisse, da n-tv für Live-Schaltungen aus dem Regierungsviertel keine SNG-Fahrzeuge für die Satellitenübertragung mehr benötigt. Darüber hinaus können Redakteure und Kamerateams flexibler arbeiten. "Man bekommt eher einen O-Ton von Politikern, wenn man sie direkt bei den Sitzungsräumen abfangen kann, als wenn sie sich erst zu entfernt gelegenen Kamera- und Schaltungssituationen begeben müssen", weiß Kalkbrenner aus jahrelanger Erfahrung.

Weltweit sind zurzeit etwa 20 dieser City Receive Sites von Link Research im Einsatz. In Europa sind ähnliche Systeme unter anderem in London, Brüssel und Helsinki installiert. Die Empfangsanlage in Berlin besteht aus vier Sektorantennen im Diversity-Betrieb, die einen Radius von 360 Grad abdecken. Der ein Watt starke Sender wird auf dem Akku der Kamera angebracht und kann sowohl die analogen Signale aus den FBAS- oder Komponentenausgängen der Kamera übertragen, als auch digitale Signale aus der SDI-Buchse. Neben dem Bild können die LinkXP-Sender bis zu vier Audiokanäle an die Empfänger weiterleiten. Die Übertragung erfolgt im DVB-T-Standard, aber nicht auf den normalen Frequenzen für die Fernsehausstrahlung, sondern im 2-GHz-Spektrum. Dafür hat n-tv von der Bundesnetzagentur eine von acht verfügbaren permanenten Frequenzen des speziellen Reportagefunks für Fernsehanstalten dauerhaft angemietet.

Während beim normalen DVB-T Betrieb in Deutschland auf einem Kanal mehrere Fernsehsignale verschachtelt ausgestrahlt werden, was zu einer Datenrate von ungefähr 3 bis 3,5 Mbit/Sekunde führt, stehen für die Übertragung des Nutzsignals der Kamera insgesamt 8 Mbit/Sekunde zur Verfügung. Maximal könnte das Link Research System in Berlin mit bis zu 20 MBit/s arbeiten und ist damit für den SD-Betrieb ausgelegt.

Für drahtlose HD-Übertragungen stellte Link Research Anfang September auf der IBC 2007 in Amsterdam ihr neues L1500-System vor, das mit LMS-T Technik (Link Modulation Scheme) bis zu 60 MBit/s übertragen kann. "Aber im Newsbereich in Deutschland ist HD zurzeit noch kein Thema", erklärte Martin Brosthaus, der als Ingenieur für drahtlose Systeme bei Studio Hamburg MCI die Montage in Berlin betreut hat.

Im Moment ist das System bei n-tv für eine einzige Kamera ausgelegt. Es läßt sich aber modular um weitere Sender ergänzen, die Leistung der Kamerasender kann man mit einem zusätzlichen Verstärker auf 5 Watt erhöhen und die Empfangsanlage lässt sich zu einem Stadtnetz mit bis zu 64 Antennen erweitern. Für Kalkbrenner stellt die Technik der Funknetze die Zukunft der aktuellen Berichterstattung dar, wie Beispiele aus dem Ausland zeigen. In London hat der englische Nachrichtenkanal Sky News große Teile der Innenstadt mit einem Funknetz überzogen und die BBC hat für ihre Lokalberichterstattung aus zwölf englischen Städten Funkzellen rund um ihre Regionalstudios aufgebaut. "Für eine vergleichbare Nutzung in Deutschland müßte die Bundesnetzagentur aber noch weitere Frequenzen jenseits des 2 GHz Bereiches freigeben", formuliert Kalkbrenner seine Wünsche für eine zukünftige, bessere Unterstützung der neuen technischen Möglichkeiten durch die Regulierungsbehörde. (Georg Immich) / (vbr)