Piratenpartei ruft zu Mahnwachen gegen den Überwachungsstaat auf

In Frankfurt und anderen Städten sollen sich morgen Abend Menschen versammeln und fünfzehn Minuten lang schweigen

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Die Piratenpartei Hessen hat zu Mahnwachen für "mehr Bürgerrechte und gegen die Unterwanderungen der Demokratie durch den Staat in Form von Massendatenspeicherung, Rasterfahndungen, Erhebung von biometrischen Daten und Online-Durchsuchungen" aufgerufen. Am morgigen Dienstag, den 2. Oktober 2007, soll die erste dieser Protestaktionen stattfinden. Als Zentrum der Veranstaltung wählte die Partei, die im Januar 2008 bei der hessischen Landtagswahl antreten will, Frankfurt am Main. Daneben soll es unter anderem in Berlin, Dortmund, Hannover und Dresden Mahnwachen geben.

Zwischen 19:00 und 21:00 Uhr wollen sich die Teilnehmer auf der Konstablerwache in Frankfurt am Main versammeln. Um 20:00 Uhr sollen die Teilnehmer der Mahnwache dann die "drastischen Folgen staatlicher Kontrolle für die freie Meinungsäußerung zum Ausdruck bringen, indem sie stellvertretend für alle zukünftigen Regierungskritiker 15 Minuten lang Schweigen".

Laut Thorsten Wirth, dem Vorsitzenden der Piratenpartei Hessen, will sich die Partei mit der Aktion der Einführung neuer Überwachungsgesetze "entgegenstellen". Durch die geplanten und zum Teil bereits verabschiedeten Maßnahmen würden, so Wirth, Bürgerrechte aufgehoben "und der Rechtsstaat wandelt sich in einen Überwachungsstaat, wie wir es nur von totalitären Regimen kennen".

Der Staat installiert nach Meinung von Wirth derzeit "Werkzeuge, die dazu genutzt werden können, die Privatsphäre aller Bürgerinnen und Bürger zu durchdringen". Dadurch könne, so der Sprecher der hessischen Piratenpartei, nicht nur die freie Meinungsbildung im allgemeinen, sondern auch die politische Opposition im besonderen "kontrolliert, deformiert und manipuliert werden". Mit den geplanten oder bereits verabschiedeten Maßnahmen schaffe sich die Regierung "die Möglichkeit, Kontrolle über politische Gegner zu erlangen und sich so den Machterhalt zu sichern". In diesem Zusammenhang spricht die Piratenpartei Hessen vom Aufbau einer "Kultur des Verdachts und des Misstrauens, in der jeder zum Verdächtigen wird und jedem misstraut wird", was dazu führe, dass "Abschottung und Angst" den Umgang der Menschen untereinander bestimmen würden.

Die hessische Piratenpartei sieht sich als Teil der von Schweden ausgegangenen Piratenbewegung, die eine Reaktion auf die Einschränkung von Bürgerrechten durch die Schaffung neuer Rechte für die Medienindustrie war. Mittlerweile gibt es in 19 Ländern Piratenparteien. Neben den traditionellen Ziele der Piratenbewegung, wie der bürgerrechtsfreundlichen Handhabung und Ausgestaltung von Urheber- und Patentrecht, hat sich die hessische Piratenpartei auch die Verhinderung von Studiengebühren auf die Fahnen geschrieben, die sie als Behinderung der "Informationskultur" und des freien Zugangs zu Wissen betrachtet.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um Überwachung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) / (pem)