Komplizierte Länder-Gespräche zu neuen Rundfunk-Regeln erwartet

Nicht nur Programmauftrag und Internetvorhaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender stehen auf der Agenda der Konferenz der Ministerpäsidenten der Bundesländer. Auch die GEZ-Gebühr und alternative Finanzierungsmodelle werden diskutiert.

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Von
  • Jürgen Kuri

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erwartet komplizierte Verhandlungen der Länder über die neuen Regeln für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Länder müssten für den nächsten Rundfunk-Staatsvertrag eine Grenze zwischen öffentlichem Programmauftrag und wirtschaftlicher Betätigung definieren, sagte Koch in einem Gespräch mit dpa. Dabei müssten sie die Haltung der Europäischen Union, das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die sich stark wandelnde Medienlandschaft berücksichtigen. Die Regierungschefs der deutschen Bundesländer treffen sich ab dem heutigen Mittwoch bis einschließlich Freitag zur Ministerpräsidentenkonzerenz, auf der neben Programmauftrag und Internetvorhaben auch die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender über GEZ-Gebühr oder Alternativmodelle auf der Tagesordnung stehen.

Aus Sicht der EU-Kommission sei alles, was im Internet angeboten werde, Wirtschaft, meinte Koch gegenüber dpa. Wenn die im wesentlichen gebührenfinanzierten Anstalten von ARD und ZDF im Internet auftreten, seien die Gebühren mithin eine unzulässige Beihilfe. Die Möglichkeit, dieses Problem mit einer Beschränkung der Gebühren für ARD und ZDF zu entschärfen, sei mit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschwunden. Danach dürfen die Ministerpräsidenten nur in gut begründeten Fällen von den Empfehlungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) über Gebührenanhebungen abweichen.

Außerdem geht es nach Darstellung des Ministerpräsidenten um die Frage, ob die öffentlich-rechtlichen Anbieter die Chance von privaten Angebote bei neuen Vertriebsformen etwa über Handys immer mehr einschränkten. "Ich persönlich werbe dafür, dass wir jedenfalls genügend Platz für die Privaten lassen, ohne den Anspruch auf Grundversorgung infrage zu stellen", sagte Koch. Das gelte auch für das Internet. Den Privaten müsse der Raum gelassen werden, Geschäftsmodelle zu entwickeln, das sollte nicht überall konterkariert werden "mit kostenlosen Angeboten, die zwangsfinanziert sind."

Koch verwies zudem auf den enormen Wandel in den Medien und veränderte Seh- und Hörgewohnheiten. "Wir müssen als Politiker Regelungen schaffen für etwas, was sich in seiner Geschwindigkeit und Dimension enorm entwickelt – ohne dass wir heute sagen können, wie die mediale Welt in 15 Jahren aussieht", beschrieb er das Problem. So biete der Spiegel in seinem Online-Angebot inzwischen von professionellen Sprechern vorgelesene Nachrichten. "Aus dem klassischen Print ist auf einmal ein elektronisches Medium geworden, rechtlich gesehen ist das aber nicht Rundfunk."

Koch erwartet von der Ministerpräsidentenrunde zu diesen Fragen einen ersten Gedankenaustausch. Die Diskussion sei sehr offen. Im übrigen hätten die bisherigen Vorschläge, die öffentlich-rechtlichen Anstalten anders als bisher zu finanzieren – beispielsweise über Steuern – keine wirklich guten Alternativen aufgezeigt. Für die GEZ, die vor einigen Wochen mit dem Vorgehen gegen Berichterstattung wieder einmal für negative Schlagzeilen sorgte, und die von ihr eingetriebenen Rundfunkgebühren haben einzelne Politiker bereits Alternativvorschläge gemacht, die die Ministerpräsidenten der Länder bei ihren Beratungen ebenfalls diskutieren wollen. Anlass für ein Überdenken der Finanzierungsmethode für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk war nicht zuletzt die Einführung der GEZ-Gebühr für Computer: Seit dem 1. Januar 2007 sind PCs, die mit dem Internet verbunden werden können, grundsätzlich gebührenpflichtig.

Die Grünen beispielsweise haben statt der geräteabhängigen GEZ-Gebühr eine pro Haushalt erhobene Mediengebühr vorgeschlagen; der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto tritt für eine Medienabgabe ein, die pro Kopf fällig werden soll. Auch Vorschläge für steuerbasierte Finanzierungsmodelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk liegen auf dem Tisch – diesen hatte das Land Hessen aber bereits früher eine Absage erteilt. (jk)