Berliner Forscher entwickeln Gammelfleisch-Scanner

Innerhalb der kommenden drei Jahre soll Lebensmittelkontrolleuren ein "Frische-Scanner" zur Verfügung stehen, der derzeit an der TU Berlin entwickelt wird. Der Scanner wäre dann vielleicht auch eine gute Kontrollmöglichkeit für Verbraucher im Supermarkt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 152 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ulrike von Leszczynski
  • dpa

Berliner Forscher sind bei der Entwicklung eines Gammelfleisch-Scanners einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Es sei möglich, mit Hilfe von Lasertechnik Struktur und molekulare Zusammensetzung von Fleisch zu messen und daraus unter anderem Rückschlüsse auf das Alter der Ware zu ziehen, sagte Heinar Schmidt vom Institut für Optik und Atomare Physik der Technischen Universität Berlin der Deutschen Presse-Agentur dpa. Er sei zuversichtlich, dass der Scanner Lebensmittelkontrolleuren innerhalb der kommenden drei Jahre zur Verfügung steht. "Der Scanner wäre später auch eine gute Kontrollmöglichkeit für Verbraucher im Supermarkt", ergänzte Schmidt.

Die TU-Forscher testeten bisher allein im Labor, wie sich alterndes Fleisch verändert. "Wir haben die Fleischproben sechs Wochen lang gammeln lassen", berichtete Schmidt. In jedem Stadium wurden die Proben "durchleuchtet": Eine 3 cm × 15 cm große Laserpistole bestrahlt dabei das Fleisch. Das zurückgestreute Licht wird geprüft. Es gibt zum Beispiel Aufschluss über die Aktivität der Biomoleküle im Fleisch. Bei langen Messreihen entsteht so für jedes Alter der Ware eine Art typischer "Fingerabdruck". Die optische Messungen mit kleiner Laserleistung verändert das Fleisch nach Schmidts Angaben nicht. Ein Verzehr danach sei auch nicht gesundheitsschädlich.

Die Möglichkeiten, die ein ausgereifter "Frische-Scanner" bietet, sieht Schmidt breit gefächert. Damit könne nicht nur Gammelfleisch enttarnt werden, betonte er. Es sei auch möglich, die Tierart sowie den Anteil von Tierfett oder Knochen zu analysieren. Somit würde wohl auch der Schwindel mit minderwertiger Ware, der im jüngsten bayerischen Ekelfleischskandal eher zufällig aufflog, bei Kontrollen regelmäßig entdeckt. "Der Scanner kann auch feststellen, ob in Dönerware Schweinefleisch enthalten ist", sagte der Forscher. Es sei sogar möglich zu prüfen, ob Ware schon einmal gefroren war.

Würden die Geräte marktreif, böten sie Lebensmittelkontrolleuren wesentlich bessere Testmethoden, sagte Schmidt. "Statt sporadisch Stichproben zu ziehen, könnten sie größere Produktmengen durch die Verpackungen hindurch schneller prüfen". Dadurch würde das Netz der Kontrollen engmaschiger – und das Risiko für Betrüger höher.

Als nächsten Schritt wollen die Forscher ihre Lasertechnik im Schlachthof testen und verbessern. "Was dann noch fehlt, ist die Übersetzung der Erkenntnisse in einen Algorithmus", erläuterte Schmidt. Erst mit einer entsprechenden Hard- und Software könnten die Geräte auch von Laien genutzt werden. Dabei geht es nicht allein um Fleisch, auch Obst oder Gemüse könnten "durchleuchtet" werden.

Erste Interessenten bei der Industrie gebe es bereits, ergänzt der Forscher. Wie teuer ein Frische-Scanner würde, kann er aber noch nicht sagen. Das Gesamtprojekt, an dem auch außeruniversitäre Institute beteiligt sind, wird vom Bundesforschungsministerium mit mehr als 3 Millionen Euro gefördert.

Wenn die Entwicklung vollständig gelingt, sei es wünschenswert, wenn Supermärkte später einen Frische-Scanner anschafften, betonte Schmidt. Er hofft darauf, dass die Geräte dann einfach ein zustimmendes "piep" von sich geben, wenn ein Käufer seine Ware testen will. (Ulrike von Leszczynski, dpa) / (anw)