Print lebt noch

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger ist vorsichtig optimistisch und erwartet in den kommenden Jahren steigende Umsätze vor allem im Online-Bereich.

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Print ist tot, es lebe das Web 2.0 – diese allgegenwärtige Prognose nicht nur netzaffiner Branchenbeobachter scheint sich bisher noch nicht zu bewahrheiten. Die Branche hat den tiefen Einschnitt, den das Platzen der New-Economy-Blase in den Werbebudgets hinterlassen hatte, überlebt – in mehr oder weniger guter Verfassung. Zumindest der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) glaubt wieder an eine Zukunft. "Im Alltagsleben der Menschen nehmen Zeitschriften aufgrund ihrer hohen journalistischen Glaubwürdigkeit eine vielfältige und unverzichtbare Begleit- und Ratgeberfunktion wahr", beschwört der im Verband für Publikumszeitschriften zuständige Karl Dietrich Seikel das Wiedererstarken der bunt bedruckten Hochglanzstrecken.

Der Verband stützt seinen Optimismus auf neue Zahlen, die am heutigen Dienstag in Berlin vorgestellt wurden. Zwar nutzten mittlerweile 60 Prozent der Bevölkerung auch das Internet, doch habe das der Reichweite der Zeitschriften keinen Abbruch getan, die während der vergangenen Jahre konstant bei 96 Prozent geblieben sei. Auch in der jüngeren Zielgruppe, von der immerhin schon 95 Prozent regelmäßig im Netz unterwegs seien, sei die Reichweite der Druckerzeugnisse konstant hoch geblieben. Allerdings trüben die für 2007 bisher leicht rückläufigen Werbeumsätze im Zeitschriftensegment die freundliche Wahrnehmung. Die Verleger sehen hier einen Zusammenhang mit dem nachlassenden konjunkturellen Aufschwung, der sich durch sinkende Kaufbereitschaft der Verbraucher dämpfend auf die Werbeinvestitionen der Wirtschaft auswirke. "Leider geht der gesamtwirtschaftliche Aufschwung noch an den privaten Haushalten vorbei", klagt VDZ-Geschäftsführer Wolfgang Fürstner.

Trotz der unverändert schwierigen Situation rechnet der Verband in diesem Jahr mit einem stabilen Ergebnis; kräftige Wachstumsimpulsen erwarten die Verlage dabei vom Online-Werbemarkt. Der Gesamtumsatz der Zeitschriftenverlage war 2006 leicht um 1,9 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro gewachsen und lag damit in den Erwartungen. Knapp die Hälfte der Verlage werden das Ergebnis des Vorjahres wohl leicht toppen können. Auch für 2008 ist die Branche nur vorsichtig optimistisch. Da sollen sich die Investitionen vor allem im Internet-Bereich rechnen und die Einnahmen aus Online-Werbung steigen. Bis zum Jahr 2010 rechnen alle Verlage mit deutlichem Wachstum im Online-Geschäft und einer Steigerung des Umsatzanteils von 4,6 (2006) auf 12,8 Prozent. Vielleicht schöpft die Branche auch Mut aus einer neuen Emnid-Umfrage, laut der 78 Prozent der Deutschen über 14 Jahren nicht auf die Lektüre von Zeitungen aus Papier verzichten wollen.

Sorgen macht sich der Verband um die politischen Rahmenbedingungen, die für eine dynamische Entwicklung der Branche "unerlässlich" seien. Plänen der EU-Kommission, die Mehrwertsteuer für Zeitschriften und Zeitungen zu erhöhen, solle die Bundesregierung eine Absage erteilen, fordert Fürstner: "Richtig wäre stattdessen, zur Sicherung der Pressefreiheit- und vielfalt den Mehrwertsteuersatz wie in Großbritannien auf Null zu reduzieren". Zugleich erneuert der VDZ seine Kritik an den digitalen Expansionsplänen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Diese gefährdeten nicht nur die wirtschaftliche Balance, sondern auch die Vielfalt der Presselandschaft. Neben der Begrenzung von ARD- und ZDF-online auf ausschließlich programmbegleitende Dienste müssten zusätzliche Schranken eingezogen werden.

Angst haben die Verleger vor möglichen neuen Werbeauflagen aus Brüssel. Nach einem aktuellen Beschluss des Europaparlaments solle künftig ein Fünftel der Werbefläche für Neufahrzeuge für Informationen über den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß genutzt werden. Eine solche Vorgabe sei "ein massiver hoheitlicher Eingriff", führe die Automobilwerbung "ad absurdum" und gefährde eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der freien Presse. (vbr)