Muckis wie Mutanten

Forscher arbeiten an neuen Medikamenten, die sich an den Mutationen orientieren, die bei unnatürlich muskulösen Tieren und Menschen auftreten.

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Unter den Säugetieren existieren einige erstaunliche Lebensformen: Kühe mit doppelter Muskelmasse beispielsweise, deren Körper im Vergleich zu normalen Tieren mächtiger aussieht als der von Bodybuildern – oder Rennhunde, die zum Laufen schlicht viel zu muskulös sind. Auch unter uns Menschen gibt es solche erstaunlichen Sonderfälle: Im Jahr 2000 wurde in Deutschland ein Junge geboren, dessen Muskelmasse zweimal so groß war wie bei normalen Neugeborenen. Ursache ist Forschern zufolge in den meisten Fällen eine Mutation in einem Gen, das für die Produktion des Proteins Myostatin zuständig ist. Es sorgt dafür, dass der Muskelaufbau im Skelett ab einem bestimmten Punkt beendet wird. Ist dieses Gen abgeschaltet, ergeben sich offenbar spektakuläre Muskelwachstumserscheinungen.

Derzeit arbeiten gleich mehrere große und kleine Pharmafirmen daran, diese Erkenntnis in nutzbare Medikamente umzusetzen, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Ziel ist dabei nicht der ultimative Bodybuilder-Körper, sondern die Behandlung des katastrophalen Muskelschwundes, der mit diversen Krankheiten einhergeht. "Es gibt ein riesiges Interesse an solchen Therapien für den Menschen", sagt Se-Jin Lee, der wichtige Grundlagenforschungen zum Thema geleistet hat. Der Biologe an der Johns Hopkins University in Baltimore glaubt, dass ein Anstieg oder zumindest eine Erhaltung der Muskelstärke auch im Alter auf Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen künftig "enorme Auswirkungen" haben könnte.

Die Ansätze sind dabei unterschiedlich. Während Pharmakonzerne wie Wyeth an Antikörpern gegen Myostatin arbeiten, die das Protein gezielt abschalten sollen, gehen Start-up-Unternehmen wie Acceleron breiter vor. Dort konzentriert man sich nicht nur auf Myostatin, sondern auch auf andere Botenstoffe. Normale Mäuse, denen man den aktuellen Testwirkstoff gibt, erhalten so einen zusätzlichen Muskelmasseaufbau von 30 bis 60 Prozent. Tiere, die eine Form von Muskeldystrophie haben, zeigen in standardisierten Muskelstärketests ebenfalls eine sichtbare Verbesserung. "Vor meiner Arbeit hier hätte ich nie geglaubt, dass man in einem Monat die Muskelmasse um 60 Prozent steigern kann", meint Acceleron-Firmenchef John Knopf.

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(bsc)