Kritiker warnen Google vor Übermut

Zur Versteigerung weiterer Mobilfunkfrequenzen in den USA will Google eine Startofferte von 4,6 Milliarden US-Dollar einreichen. Kritiker warnen, der Konzern könne sich mit seinen diversen Aktivitäten überheben.

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Von
  • Roland Freund
  • dpa

Mit einer prall gefüllten "Kriegskasse" kündigt der erfolgsverwöhnte Suchmaschinenriese Google ständig neue Projekte an: Internet-Festplatte, alternative Stromerzeugung und Handy-Geschäft. Google-Anhänger jubeln, Kritiker aber warnen vor Übermut oder gar Größenwahn. "In ihrer Arroganz sind die außer Kontrolle geraten", sagt Branchenexperte Dennis Kneale vom US-Wirtschaftskanal CNBC.

Aktueller Grund der Aufregung: An diesem Montag endet in den USA die Anmeldefrist zur Versteigerung weiterer Mobilfunklizenzen. Zum Stichtag will Google seine Startofferte von 4,6 Milliarden US-Dollar (3,14 Milliarden Euro) offiziell einreichen. "Google glaubt, sie könnten die Welt in allem schlagen, was sie anfangen", kritisiert Kneale.

Auch die Börse schätzt Mischkonzerne eher nicht. Die Kurse von Gemischtwarenkonzernen leiden meist unter einem Abschlag. Ganz anders bisher die Google-Aktie in ihrem Höhenrausch: Allein seit Jahresmitte kletterte sie um über ein Drittel und seit dem Börsenstart 2004 hat sich ihr Wert mehr als verachtfacht. Zuletzt stand die Aktie bei 693 Dollar.

Das milliardenschwere Startgebot für die Mobilfunklizenz ist jedoch selbst für Google eine Menge Geld – und nur der Anfang. Einen Endpreis von sechs Milliarden Dollar halten Experten für gut möglich. Die Auktion findet nach Prüfung der Bewerbungen Ende Januar statt.

Im Kern geht es dem Internet-Giganten aus dem kalifornischen Mountain View darum, seinen Erfolg mit Werbeanzeigen bei der Internetsuche via PC auf den nächsten großen Markt zu übertragen: die mobile Suche via Handy. Aber muss man dazu gleich selbst eine teure Mobilfunklizenz kaufen?, fragen Kritiker. Goldman Sachs-Analysten warnen, das Geschäft sei teuer und wenig profitabel.

Viele Experten sehen in der Beteiligung an der Auktion daher nur einen geschickten Schachzug: Google wolle gar nicht unbedingt selbst Mobilfunk betreiben, sondern nur auf die wohl auch teilnehmenden Branchenriesen AT&T und Verizon Druck ausüben. Google möchte erreichen, dass sie das mobile Internet und damit auch Werbung auf Handys weit besser ermöglichen als bisher. Mit demselben Ziel kündigte Google bereits ein eigenes Handy-Betriebssystem an und trommelte eine Mobilfunk-Allianz mehrerer Dutzend Firmen zusammen – mit dabei auch T-Mobile.

"Die Verbraucher verdienen mehr Wettbewerb und Innovation, als sie in der heutigen Mobilfunkwelt haben", sagt Google-Chef Eric Schmidt. Was der Konzern genau mit den landesweiten Frequenzen (700-Megahertz-Band) machen würde, verrät er nicht. Man könne die Lizenz ja auch vermieten, sagt ein Sprecher. "Gewinnt Google die Auktion, verändert dies das Spiel total", prophezeit IDC-Analyst Scott Ellison.

Eins hat das Unternehmen bereits in jedem Fall erreicht: Die für die Auktion zuständige Federal Communications Commission (FCC) legte auf Druck von Verbraucherschützern und Google fest, dass der Sieger sein Netz für Handys, Internetanwendungen und Software aller Art öffnen muss – für den US-Mobilfunkmarkt eine Revolution.

Der eigentliche Gewinner ist für das US-Businessmagazin Forbes daher auch schon klar: Google könne am Ende doch wieder wie bisher mit seinem traditionellen Kerngeschäft rund um Suche und Werbung Milliardengewinne einstreichen. "Google würde einfach in der Mitte sitzen und Anzeigen verkaufen." (Roland Freund, dpa) / (anw)