ARMs Technologiestratege verspricht goldene Zeiten

In seinem Keynote-Vortrag auf der Hot-Chips-Konferenz skizzierte ARM-Stratege Simon Segars seine Vision vom Superphone und anderen technischen Entwicklungen.

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Von
  • Erich Bonnert

Simon Segars, Vice President Mobile Devices bei ARM, skizzierte in seinem Keynote-Vortrag auf der Hot-Chips -Konferenz die Markt- und Technologieentwicklung aus Sicht der britischen Chip-Schmiede. Einerseits seien die Zeiten für Systementwickler besser denn je, sorge doch der Trend zum mobilen Internet-Zugang für Wachstum ohne Ende. Andererseits gebe es ungeahnte Barrieren, denn für die Anforderungen künftiger Produkte sei zum Teil wichtige Basistechnologie noch nicht vorhanden. So sei schon bald mit einem Ende der Leistungsskalierung durch die Strukturverkleinerung der Halbleiter zu rechnen – und zwar schneller, als viele Hersteller erwarten, warnte Segars.

Der Chip-Veteran – Segars kam 1990 als Angestellter Nummer 16 zu ARM – bedauert vor allem das anhaltende Schrumpfen der Foundry-Branche: Zu wenig Fab-Kapazität und mangelnde Investitionen sorgten für Engpässe. Das betrifft nicht nur das Produktionsvolumen, sondern vor allem die Weiterentwicklung der Prozesstechnologie. Zwar forsche die Halbleiterindustrie seit gut einem Jahrzehnt mit vereinten Kräften an der EUV-Technologie als Ablösung der Fotolithografie, doch ob EUV überhaupt jemals einsetzbar wird, hält Segars noch gar nicht für ausgemacht: Zu viele Details seien noch ungelöst und inbesondere die Kosten immens. Als größte Hürde gilt eine kosteneffiziente Mengenskalierung: Zwischen 200 und 300 Wafern muss eine wirtschaftliche Chip-Fabrik pro Stunde ausstoßen. Mit EUV-Anlagen sind derzeit aber gerade mal fünf Wafer pro Stunde absehbar.

Aber auch den Systemarchitekten und Chip-Designern stünden im Mobilbereich Probleme bevor, orakelte Segars. Die Komplexität von Funkmodems steige seit den GPRS- und UMTS-Generationen exponentiell an: Die Logik der gerade eingeführten LTE-Netztechnik (informell manchmal als "3.9G" bezeichnet) sei rund 500 Mal rechenintensiver als 2G-Modems vor wenigen Jahren. Noch etwa drei Mal anspruchsvoller werde der nächste 4G-Funkstandard.

Simon Segars, Vice President Mobile Devices bei ARM

(Bild: Erich Bonnert)

Ein besonders drängendes Problem sieht Segars bei der Energieversorgung: Die Leistungsfähigkeit von Akkus legt demnach jährlich nur um etwa elf Prozent zu – viel zu wenig, um den Leistungshunger der Chips durch Stromspartechniken wettzumachen. Neue Materialien und chemische Prozesse müssten auch hier erst gefunden werden.

Akkus mit dem Doppelten der heutigen Kapazität vorausgesetzt, könnten Smartphones in etwa zwei Jahren zu regelrechten "Superphones" werden, die Notebook-Rechner überflüssig machen, meinte Segars. Mit Multi-Core-Prozessoren und Multi-Core-Grafik in 28-nm-Technologie könnten diese Geräte zum primären Computer für Internet- und Mediennutzung werden. Mit 12-MP-Kamera und Videofunktionen in 1080p-Auflösung und Speicherfähigkeit für 45 HD-Videostunden (128 GByte) ersetzen sie Computer, Settop-Box, Spielkonsole und TV gleichzeitig. Bei einem Marktvolumen von jährlich 280 Millionen Stück werde die installierte Basis schon in drei Jahren die Größe des PC-Ökosystems erreichen. Dazu käme noch ein Potenzial von etwa einer Milliarde Computer zum Preis von unter 100 Dollar in Entwicklungsländern. Dabei werde ein offenes Android-Betriebssystem mit Zugang zum Android Market die Schlüsselrolle spielen. Entscheidende Funktionen seien außerdem volle HTML5-Fähigkeit sowie Flash-Player-10-Unterstützung und eine durch OpenGL unterstützte 3D-Bedienoberfläche.

Segars SoC-Roadmap sieht einen Übergang vor von derzeit schon verfügbaren SoC-basierten Geräten mit speicherkohärentem Quad-Core-Prozessor zu Architekturen mit mehreren, kohärenten Prozessor-Clustern sowie I/O-Kohärenz zur Grafik und anderen Komponenten in etwa zwei Jahren. Weitere zwei Jahre später, um 2015, folgen Geräte mit voller Kohärenz zwischen CPU, GPU und anderen Komponenten – Universalrechner aus SoC-Komponenten.

Die physische Trennung zweier Systembereiche erlaubt einen "normalen" sowie einen sicheren, "trusted" Bereich, die jeweils von einem eigenen Betriebssystem – gleichfalls "normal" und "trusted" – gesteuert werden. Viele verschiedene Hardware-Ausprägungen seien von diesen Systemen vorstellbar. Eine entsprechende Software-Schicht müsse dabei die Heterogeneität verstehen. (bo)