Amazon macht Druck fĂĽr niedrigere E-Book-Preise
Im Streit mit der Buchbranche um E-Book-Preise macht Amazon erstmals öffentlich seine Position deutlich. Das Argument des Online-Händlers: Wenn digitale Bücher günstiger sind, brächten sie mehr Leser und am Ende mehr Geld. Über das Thema wird auch in Deutschland gestritten.
Amazon will von den Verlagen niedrigere Preise für digitale Bücher erreichen. E-Books können und sollten günstiger als gedruckte Bücher sein, erklärte Amazon in einer Stellungnahme zum aktuellen Streit mit dem Verlag Hachette am späten Dienstag.
In den vergangenen Wochen verhandelten die beiden Unternehmen über einen neuen E-Book-Deal. Während dieser Zeit waren gedruckte Titel von Hachette bei Amazon zeitweise nur mit langen Lieferzeiten bestellbar oder gar nicht mehr verfügbar. Kritiker warfen dem Online-Händler eine rabiate Verhandlungstaktik vor. Einen ähnlichen Streit über die Preise für E-Books gibt es in Deutschland. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beschwerte sich beim Bundeskartellamt über den Online-Händler. Amazon wies den Vorwurf zurück, im Zuge von Verhandlungen die Auslieferung gedruckter Bücher der Verlagsgruppe Bonnier (Ullstein, Piper, Carlsen) zu verzögern.
Niedrigere Preise, mehr Umsatz
In den USA kritisierte Amazon nun, E-Book-Preise von knapp 15 oder 20 US-Dollar seien angesichts geringerer Kosten als bei gedruckten Büchern "ungerechtfertigt hoch". Außerdem sorge ein niedrigerer Preis für höhere Verkäufe und dadurch am Ende auch für mehr Umsatz. Nach Erhebungen von Amazon werden von einem E-Book für knapp 10 Dollar 1,74-mal mehr Exemplare verkauft, als wenn es knapp 15 Dollar kostet. Die Verlage könnten mit günstigeren Büchern am Ende mehr einnehmen, weil mehr Exemplare verkauft würden, rechnete Amazon vor. Und für die Autoren bedeute das 74 Prozent mehr Leser und bessere Aussichten, in Bestseller-Listen zu kommen.
Die Schriftsteller umgarnt Amazon bereits mit dem Angebot, sie könnten bei der Veröffentlichung direkt auf der Plattform des Online-Händlers 70 Prozent vom Verkaufserlös behalten. Jetzt legte Amazon noch einmal nach: "Wir glauben, dass Hachette den Autoren zu wenig abgibt." Aus Sicht von Amazon sollten Schriftsteller und Verlag jeweils 35 Prozent des Kaufpreises erhalten.
Amazon hatte früh auf digitale Bücher gesetzt und mit Preisen bei 9,99 Dollar das Geschäft in den USA zunächst dominiert. US-Verlage nutzten den Start von Apples E-Book-Store auf dem iPad-Tablet, um ein Modell nach dem Muster der deutschen Buchpreisbindung durchzusetzen, bei dem sie selbst und nicht der Händler den Preis bestimmen können. Nach Einschreiten von US-Behörden wurde dieses Verfahren jedoch gekippt und Amazon kann wieder die Bücher bei Verlagen zum Großhandelspreis beziehen. (anw)