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Analoge Funkkameras können zum Sicherheitsproblem werden

Daniel Bachfeld

Bei Recherchen stieß der NDR auf zahlreiche Funkkameras in Tankstellen, Supermärkten und Apotheken zur Überwachung der Kassenbereiche, die sich ohne Probleme von Unbefugten anzapfen lassen. Oftmals wird auch der Ton übertragen.

Dass sich herkömmliche Funküberwachungskameras von jedermann abhören lassen, ist für technisch Interessierte eigentlich keine Überraschung. Bemerkenswert ist aber, wo überall man mittlerweile auf kommerziell und privat genutzte Kameras treffen kann. Bei Recherchen [1] stießen der NDR und die ARD-Tagesthemen auf zahlreiche Funkkameras in Tankstellen, Supermärkten und Apotheken zur Überwachung der Kassenbereiche. In allen Fällen ließen sich die Übertragungen der Systeme im 2.4-GHz-Bereich mit einem weniger als 100 Euro kostenden, frei verfügbaren Empfänger aus bis zu einem halben Kilometer Entfernung mitsehen. In vielen Fällen übertrugen die Kameras zusätzlich den Ton, womit sich etwa das Beratungsgespräch zwischen Apotheker und Kunde mitverfolgen ließ.

Kriminelle könnten zudem den Kassenbereich einer Tankstelle unbemerkt überwachen. Dies ließe nicht nur Rückschlüsse auf die Höhe der Einnahmen zu, sondern gewähre auch Einblicke in den Arbeitsalltag, etwa zu welchen Zeiten die Kasse von wem geleert wurde. Besonders pikant: In einem Fall stieß der NDR bei seiner Testfahrt sogar auf die Übertragung einer Kamera im Eingang eines Bordells.

Alleine in Hannover sind nach Schätzungen von Fachleuten Hunderte solcher Kameras in Einzelhandel, Gewerbe und bei Privatleuten im täglichen Einsatz. Die analogen Kameras übertragen das Signal völlig ungesichert. Erst bei digitalen Systemen ist eine verschlüsselte Übertragung möglich. Auf die Gefahr der unbemerkten Beobachtung durch Dritte wird in den Betriebsanleitungen der Kameras nur unzureichend oder gar nicht hingewiesen, bemängelt der NDR.

Niedersachsens Datenschutzbeauftragter Hans-Joachim Wahlbrink sprach gegenüber dem NDR nicht nur von einem Skandal, sondern warnte die Nutzer solcher Kameras außerdem vor möglichen Schadenersatzansprüchen. Vor allem kommerzielle Nutzer dieser Überwachungsgeräte könnten von ihren Kunden in Regress genommen werden, wenn die aufgezeichneten Gespräche und Bilder in die Hände Unbefugter gelangten. Wahlbrink zeigte sich von den NDR Recherchen überrascht und schockiert. Von Herstellern der Kameras und ihren Nutzern forderte er mehr Sensibilität beim Umgang mit dem Datenschutz. (dab [2])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-918080

Links in diesem Artikel:
[1] http://www3.ndr.de/sendungen/niedersachsen_1930/kameraueberwachung100.html
[2] mailto:dab@ct.de