IFA

Auch große (Online-) Gärten haben Zäune

Mit der Medienwelt ändern sich auch die Rollen der Akteure: Alte "Gatekeeper" wie klassische Sender sehen sich neuer Konkurrenz aus dem Netz gegenüber. Und über allem schwebt immer das Gespenst Google.

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Vor Rainer Hecker gibts es auf dieser IFA kein Entkommen. Der Aufsichtsratschef des Branchenverbands GFU, der die Messe mit veranstaltet, ist überall. Auch auf der Medienwoche, dem der IFA angeschlossenen Medienkongress, steht Hecker oft am Mikro. Heute also Plattformen. Doch bevor es losgeht, noch ein Gruppenbild mit Dame: Miss Ifa strahlt unter ihren roten Perücke mit den dunkel gewandeten Herren mehrheitlich mittleren Alters um die Wette, die sich auf dem Podium gleich austauschen sollen. Dann werden die Diskutanten verdrahtet.

"Wer sind die neuen Gatekeeper?", lautet die Frage, der sich die Vertreter von Unternehmen wie Maxdome, Zattoo oder der Telekom nähern wollen. Weil das ein klassischer Medienkongress ist, schwingt bei solchen Fragestellungen auch immer die Angst der alten Gatekeeper vor dem Bedeutungsverlust mit. Nicht ganz zu Unrecht, denn auf dem Podium fehlt ein klassischer Broadcaster, wie Moderator Helmut Stein zu Beginn feststellt. Stattdessen geben sich hier Plattformbetreiber und Gerätehersteller ein Stelldichein.

Von denen will sich keiner so richtig dazu bekennen, ein Gatekeeper zu sein. Das klingt zu sehr nach Aufpasser oder Rausschmeißer. Nach jemandem, der Zugang eher erschwert als erleichtert. In diesem Sinne ist Wilfried Urner vielleicht der einzig echte Gatekeeper auf dem Podium. Der Geschäftsführer von SES steht für die umstrittene Satellitenplattform HD+, die der Anbieter nun auch für Smart-TV-Anwendungen ausbauen will. Dennoch stehe auch SES dafür, "die Vielfalt zu erhalten", wie Urner betont.

Das Wort "Vielfalt" fällt noch öfter an diesem Dienstagmittag im Berliner ICC. Auch Markus Härtenstein von Maxdome ist der Ansicht, der Kunde müsse die Wahl haben, und einfach müsse es sein: "Bedienung ist das A und O." Darin sind sich die Branchenvertreter einig. Die Realität für den Verbraucher sieht derzeit noch anders aus, aber es gibt Anzeichen der Besserung. Da ist auch die Hardwarefraktion gefragt, meint Detlef Teichner von Loewe. "Alle Endgerätehersteller haben die Aufgabe, die Vielfalt abzubilden."

Dann fällt wieder so ein Reizwort: "Walled Garden". Ein geschützter Bereich, innerhalb dessen sich der Kunde frei und einfach bewegen können soll. Aber da ist halt dieser Zaun. Echte Freiheit geht anders, weshalb auch Telekom-Mann Gert von Manteuffel das IPTV der Bonner nicht so nennen will. "Wir haben eine große Auswahl." Also einen riesigen Garten, nur sieht man den Zaun nicht so schnell. Weniger Berührungsängste hat da Jörg Meyer. "Wer eine Auswahl trifft, ist auch ein Gatekeeper", sagt der Content-Chef des Schweizer Streamingdienstes Zattoo und fasst den Begriff damit entsprechend weit.

Meyer ist es dann auch, der das "Schreckgepenst", das über allem wie eine dunkle Bedrohung schwebt, beim Namen nennt: Google. Der Zattoo-Mann hält die auch auf der Medienwoche geforderte Regulierung von solchen Anbietern "für den völlig falschen Ansatz". Vielmehr müsse man sicherstellen, dass sich neben solchen Riesen auch noch andere Anbieter etablieren können. Das sei primär die Aufgabe der eigentlichen Gatekeeper: der Inhalteanbieter. (vbr)