Autonome Mikrokopter sollen Pakete ausliefern

Das US-Startup Matternet will bis 2015 einen fliegenden Paketdienst mit autonomen Mikrokoptern aufbauen. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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  • Jens Lubbadeh

Das US-Startup Matternet will bis 2015 einen fliegenden Paketdienst mit autonomen Mikrokoptern aufbauen. Das berichtet Technology Review in der Titelgeschichte seiner aktuellen Ausgabe 08/2012, die einen Überblick über die Entwicklung von Mikrokopter-Schwärmen liefert.

Für den Erfinder, Designer und Mitbegründer des Unternehmens Matternet, Andreas Raptopoulos, wird es höchste Zeit für den fliegenden Paketdienst. „In den USA oder anderen westlichen Ländern denken viele Bewohner, Straßen sind allgegenwärtig“, sagt Raptopoulos. „Tatsächlich sind aber weltweit mehr als eine Milliarde Menschen nicht ganzjährig an das Straßennetz angeschlossen“. Was nicht nur bedeutet, dass sie keinen Zugang zur Verkehrsinfrastruktur haben. Auch Medikamente, Saatgut oder Ersatzteile kommen nicht durch.

Unbemannte, autonome Mikrokopter könnten diesen Menschen jedoch helfen, meint Raptopoulos. Denn Matternet will die Erde mit einem dichten Netz von Basisstationen überziehen. Diese Stationen sind jeweils unter zehn Kilometer voneinander entfernt und werden von Mikrokoptern angeflogen, die bis zu zwei Kilogramm Last transportieren können.

Wie die Datenpakete im Internet werden auch die Pakete im Matternet so von Knoten zu Knoten weitergereicht. Alles passiert vollautomatisch: Größere Lieferungen werden automatisch aufgeteilt. Software plant die Teil-Strecken bis zum Zielort. An jedem Zwischenknoten wartet ein neuer Mikrokopter mit aufgeladenen Batterien - wie Postkutschen im 18. Jahrhundert. Ist eine Route wegen schlechten Wetters nicht passierbar, wird das Paket automatisch umgeleitet, bis die Ware schließlich an ihrem Bestimmungsort ankommt.

Das Unternehmen plant zwei Arten von Anwendungen: Die so genannten „High Dollar Applications“ sind Transportdienste in dicht bebauten Städten wie Los Angeles oder New York. „High Impact Applications“ dagegen sind Dienste, die gesellschaftlich besonders wertvoll sind - wie etwa Medikamententransporte im ländlichen Afrika. Die profitablen Transportdienste sollen die gesellschaftlich wichtigen Dienste querfinanzieren, sagt Raptopoulos.

Die Mikrokopter sollen in 130 Meter Höhe fliegen - das soll potenziellen Räubern den Abschuss erschweren. „Wir liefern die Basisstationen, die unbemannten Transportvehikel, die Software und kümmern uns um die Genehmigungen“, sagt Raptopoulos. „Aber der lokale Betreiber muss sicherstellen, dass die Technologie nicht illegal verwendet wird und der Betrieb sicher und geordnet abläuft.“

Mehr technische und unternehmerische Einzelheiten will das Unternehmen vorerst nicht verraten. Nur der grobe Zeitplan wird kommuniziert: In den nächsten Wochen soll es erste Testflüge in der Dominikanischen Republik und auf Haiti geben. „Innerhalb der nächsten zwölf Monate“ will das Unternehmen zwei Basisstationen in Betrieb nehmen, autonome Starts, Landungen, Be- und Entladung und den automatischen Akkutausch vorzuführen. Bis 2015 soll dann der kommerzielle Betrieb stehen. Denn bis dahin muss die US-Luftfahrtaufsicht die technischen und administrativen Rahmenbedingungen schaffen, um den kommerziellen Betrieb autonomer Kleinflieger in die nationale Luftsicherheit zu integrieren.

In Deutschland wird der kommerzielle Betrieb von „unbemanntem Luftfahrtgeräten“ nun erleichtert: Ende Juni hat das Bundesverkehrsministerium erstmals „gemeinsame Grundsätze “ veröffentlicht, an denen die Landesluftfahrtbehörden sich orientieren sollen, wenn sie allgemeine „Aufstiegserlaubnis“ für „unbemannte Luftfahrtsysteme“ erteilen.

Die Luftverkehrsordnung (LuftVO) regelt die rechtlichen Rahmenbedigungen: Wer kommerziell fliegen will, muss eine Genehmigung bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde beantragen. Für Geräte, die nicht mehr als fünf Kilogramm wiegen, nicht höher als 100 Meter und nicht über Menschenansammlungen fliegen, sich von Flughäfen, Gefängnissen, Industrieanlagen und Kraftwerken fernhalten und einschlägige Datenschutzverordnungen respektieren, kann eine bis zu zwei Jahre gültige allgemeine Aufstiegserlaubnisse erteilt werden.

Flieger, die außerhalb der Sichtweise des Steuernden operieren, oder gar vollständig autonome Fluggeräte, die ihre Route vollautomatisch abfliegen, bekommen auch weiterhin nur Starterlaubnis für Testflüge. „Es gibt derzeit keine Pläne, den Betrieb von autonomen Luftfahrzeugen außerhalb der Sichtweite zu regeln“, schreibt das Verkehrsministerium. Bis die ersten Bringdienste ihre Pizza-Express-Lieferungen per Mikrokopter ausliefern, könnte es also noch eine Weile dauern.

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(jlu)