BND-Skandal: NSA-Spionage richtete sich angeblich vor allem gegen Politiker
Die NSA hoffte offenbar, über den BND vor allem an Informationen über europäische Politiker zu kommen. Das legen laut Medienberichten zumindest die inkriminierenden Selektoren nahe. Unternehmen seien nur vereinzelt betroffen.
Die NSA soll die Abhöreinrichtungen des BND vor allem für das Ausspionieren von Politikern aus Nachbarstaaten und EU-Institutionen ausgenutzt haben, berichtet der Recherchevebund von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR. Jahrelang seien die BND-Einrichtungen im bayerischen Bad Aibling genutzt worden, um hochrangige Beamte des französischen Außenministeriums, des Präsidialstabs und der EU-Kommission auszuspähen. Unternehmen seien vor allem betroffen, weil die USA nach Hinweisen auf illegale Exportgeschäfte gesucht habe.
Millionen Selektoren ĂĽbermittelt
Das Ausmaß des neuerlichen BND-Skandals sei intern noch nicht abschließend ermittelt. In vielen Fällen kenne man lediglich die E-Mail-Adressen, die als Selektoren von der NSA in die Überwachungssysteme des BND eingespeist wurden. Alle von den USA seit Beginn der Kooperation übermittelten Suchbegriffe würden nun noch einmal überprüft. Dabei handle es sich um eine immense Zahl. Im Zeitraum von 2002 bis 2013 seien allein 690.000 Telefonnummern und 7,8 Millionen IP-Suchbegriffe übermittelt worden, schreibt der NDR.
Den neuen Enthüllungen zufolge soll das ganze Ausmaß dieser Spionage erst 2013 durch "einen Unterabteilungsleiter der Technischen Aufklärung" entdeckt worden sein. Der habe dies jedoch bis zum März 2015 weder der BND-Führung noch dem Kanzleramt weitergegeben. Erste Hinweise auf den Missbrauch der BND-Überwachung habe es jedoch schon 2005 gegeben, schreibt die Zeitung weiter, ohne Einzelheiten zu nennen. Der damalige Kanzleramtschef Thomas de Maizière habe keine Details mitgeteilt bekommen, anders als sein Nachfolger Ronald Pofalla.
Filter auf .eu und .de
In Bad Aibling habe man schließlich den Umgang mit den NSA-Wünschen geändert und sperre E-Mail-Adressen mit der Endung .eu nun automatisch. In ähnlicher Weise sollen bereits Deutsche vor Überwachung geschützt werden, indem .de-Adressen ausgefiltert werden. Wie auf diese Weise diejenigen geschützt werden sollen, die andere E-Mail-Endungen benutzen, ist nicht bekannt.
[Update 30.04.2015 – 10:05 Uhr] Inzwischen hat der NDR klargestellt, dass die genannte Zahl an Selektoren den Zeitraum von 2002 bis 2013 umfasst. Die anderslautende Angabe der Süddeutschen Zeitung wurde entfernt. (mho)