Bayern: Weniger Abhörmaßnahmen, mehr Abfragen von Verbindungsdaten

Im vergangenen Jahr wurden in Bayern zwar weniger Menschen von der Polizei abgehört, die hat dafür aber öfter die Herausgabe von Verbindungs- und Standortdaten verlangt. Was nach mehr Datenschutz klingt, ist es aber nicht.

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Während in Bayern die Zahl polizeilich abgehörter Gespräche zurückgegangen ist, wurden 2013 wieder mehr Verbindungs- und Standortdaten abgefragt. Das geht laut der Süddeutschen Zeitung aus Daten hervor, die das bayrische Justizministerium herausgegeben hat. Demnach gab es in dem Freistaat insgesamt 10448 Überwachungsanordnungen (davon 6963 Abfragen von Standort- und Verbindungsdaten), etwas weniger als ein Jahr zuvor. Bezüglich des Grundrechtseingriffs bedeute der Wandel in der Ermittlungsarbeit keine große Verbesserung, zitiert die Zeitung Bayerns Datenschutzbeauftragten, Thomas Petri: "Die Intensität des Eingriffs in Grundrechte ist bei den Verkehrsdaten inzwischen fast genauso hoch wie bei der inhaltlichen Überwachung der Kommunikation."

Nicht nur wenn die Polizei mithört, kann sie viel über die Zielperson erfahren.

(Bild: dpa, Sebastian Kahnert/Symbolbild)

In den mit Abstand meisten Fällen einer angeordneten Abhöraktion ging es den Zahlen zufolge um Drogendelikte (1534 Abhörmaßnahmen). Mit großem Abstand folgen danach Diebstahl und Hehlerei, Betrug und Computerbetrug, Mord und Totschlag sowie Raub und Erpressung. Wenn Ermittler aber keine Abhörmaßnahme, sondern eine Abfrage von Standort- und Verbindungsdaten fordern, sind sie darauf angewiesen, dass die Provider diese Daten überhaupt speichern. Ohne die gescheiterte Vorratsdatenspeicherung ist das nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Auch zu einem weiteren staatlichen Überwachungsinstrument hat die Zeitung Zahlen eingesehen. Bei den Funkzellenabfragen, werden alle Verbindungsdaten ausgewertet, die in bestimmten Mobilfunkzellen zu einem bestimmten Zeitpunkt angefallen sind. In den öffentlichen Blickpunkt war diese Maßnahme unter anderem durch das Vorgehen der sächsischen Polizei angesichts einer Anti-Nazi-Demonstration in Dresden gerückt. Wie die Süddeutsche Zeitung nun unter Berufung auf eine unveröffentlichte Antwort auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze (Grüne) schreibt, hat die Münchener Polizei im Zuge von Ermittlungen in einem Mordfall im Sommer 2013 auf diese Art mehr als eine halbe Million Datensätze gesammelt. Die stammten von rund 64.000 Mobiltelefonen. Deren Besitzer würden bei solchen Abhörmaßnahmen in der Regel nicht informiert. (mho)