Bericht: NSA-Spionage ohne eigene richterliche Genehmigung
Dokumente des NSA-Whistleblowers Edward Snowden zeigen, dass die Entscheidungen über Lauschangriffe größtenteils bei den Analysten der NSA liegen. Eine richterliche Genehmigung ist nicht immer nötig.
Der Einfluss von NSA-Analysten auf die Entscheidung, wer von dem US-Geheimdienst überwacht wird, ist deutlich größer als bislang von offizieller Seite eingestanden. Das zeigen ein geheimes und ein streng geheimes Dokument, die der Guardian veröffentlicht hat. Analysten entscheiden demnach selbstständig, ob von einer möglichen Zielperson "vernünftigerweise" angenommen werden kann, dass sie kein US-Staatsbürger ist und sich außerhalb des Landes aufhält. Dann könne sie ohne eine eigens eingeholte richterliche Genehmigung überwacht werden.
Seit Bekanntwerden des umfangreichen Spionageprogramms der NSA verteidigen die US-Behörden die Überwachung mit unterschiedlichen Argumenten. So treffe es nur Nicht-US-Bürger und es gebe eine richterliche Aufsicht durch den Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC), dessen Entscheidungen jedoch geheim bleiben. Aber wenn nicht davon ausgegangen wird, dass es sich bei der Zielperson um einen US-Bürger handelt, reichen dem NSA-Analysten laut Guardian ganz allgemeine Verfügungen des FISC. Die beziehen sich dann gar nicht auf bestimmte Zielpersonen. Sie gelten demnach für bis zu zwölf Monate und verpflichten Telefonanbieter sowie Internet-Dienste, die Kommunikation eines Individuums offenzulegen.
Die nun veröffentlichten Dokumente legen aber außerdem nahe, dass einmal abgegriffene Informationen auch dann nicht unbedingt gelöscht werden müssen, wenn klar wird, dass ein US-Bürger daran beteiligt war. Der NSA-Direktor kann verfügen, dass gesammelte Informationen behalten werden, wenn darin "bedeutende nachrichtendienstliche Erkenntnisse" vermutet werden. Das gleiche gilt, wenn darin Beweise für ein Verbrechen erwartet werden oder wenn die Daten verschlüsselt sind. Die dürfen so lange aufbewahrt werden, bis sie entschlüsselt werden können.
Das bestätigt offenbar weitere Vorwürfe des NSA-Whistleblowers Edward Snowden, der erläutert hatte, wie groß der Einfluss des Analysten bei der tatsächlichen Überwachung ist. Er muss "vernünftigerweise annehmen", dass eine Zielperson sich nicht in den USA aufhält und kein US-Bürger ist. Snowden hatte bereits erklärt, dass diese Einschränkungen politischer, nicht technischer Natur seien und die Kontrollen lückenhaft. In einer geheimen Anhörung hatte die NSA das laut Cnet bereits eingestanden. Demnach gibt es Tausende niederrangige NSA-Analysten die solch eine Überwachung einleiten können. (mho)