Berliner Datenschutzbeauftragte kritisiert geplante Videoüberwachung
Die einen erhoffen sich von Videoüberwachung weniger Kriminalität, die anderen fürchten um die Privatspäre der Bürger. Der Berliner Senat will der Polizei jetzt erlauben, Kameras aufzuhängen. Datenschützer sehen Probleme.
Die Berliner Datenschutzbeauftragte hat scharfe Kritik an der vom Senat geplanten Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen geübt. Die Gesetzesänderung erlaube theoretisch eine Überwachung, die "unverhältnismäßig" sei, schrieb Maja Smoltczyk dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses in einer Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Eine großflächige Videoüberwachung ohne konkrete Anlässe sei ein "tiefer Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen".
Weiter heißt es: "Es ist zu befürchten, dass diese Regelung zu einer Videoüberwachung großer Bereiche insbesondere der Innenstadt Berlins führt." Die Menschen hätten kaum Möglichkeiten, den Kameras auszuweichen. Fraglich sei auch, ob Videokameras an öffentlichen Plätzen überhaupt geeignet seien, Kriminalität zu verhindern, so die Datenschutz-Expertin. In London habe sich gezeigt, dass Kriminalität nur verdrängt werde. Besser wäre mehr Polizeipräsenz und eine stärkere Beleuchtung von Straßen und Plätzen. Berlin sollte vor einer Gesetzesänderung einen wissenschaftlich begleiteten Versuch zu dem Thema machen.
Sicherheit vs. Privatsphäre
Am vergangenen Dienstag hatte der Senat beschlossen, dass die Berliner Polizei künftig bestimmte öffentliche Plätze und Straßen mit Videokameras überwachen darf. "Zur Erhöhung der Sicherheit" können Kameras an gefährlichen Orten, großen Plätzen oder Verkehrsknotenpunkten installiert werden. Geplant ist zunächst ein schon länger diskutierter Modellversuch mit Kameras am Alexanderplatz.
Die Gesetzesänderung steht am Montag, 20. Juni, im Innenausschuss zur Diskussion. Erwartet wird eine heftige Debatte, weil die Opposition die Kameras der Polizei ablehnt und Innensenator Frank Henkel (CDU) vorwirft, die Gesetzesänderung auf den letzten Drücker vor der Wahl durchzudrücken. Die Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes muss noch vom Parlament beschlossen werden.
Die Opposition fürchtet Eingriffe in die Privatsphäre der Menschen. Kriminalität werde so nicht verhindert, argumentiert auch der Linke-Fraktionschef Udo Wolf. "Damit erhält die Polizei eine grundsätzliche Ermächtigung zur Videoüberwachung." Nach dem Motto "schnell, schnell" solle das Gesetz jetzt durchgezogen werden.
Der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux kritisierte: "Angekündigt war ein Modellprojekt am Alexanderplatz. Ermöglicht wird jetzt eine Videoüberwachung an jedem Ort, den die Polizei als gefährlich einstuft. Dieses Gesetz ist nicht zielgerichtet, nicht effektiv, die Grundrechte der Berliner werden nicht ausreichend beachtet und es überfällt das Parlament im letzten Moment." Auch die Piraten hatten sich schon sehr kritisch geäußert.
Nicht flächendeckend
Der Senat hatte betont, man wolle die Überwachung nicht flächendeckend, sondern nur an besonders gefährlichen Orten. In der Neufassung des Gesetzes werden Orte als gefährlich beschrieben, wenn dort Menschen erhebliche Straftaten verabreden. Neben dem Alexanderplatz sind Kameras laut Senat auch in Friedrichshain-Kreuzberg denkbar, zum Beispiel am Kottbusser Tor, am Görlitzer Bahnhof und an der Rigaer Straße.
Der Alexanderplatz und die Umgebung gehören zu den Kriminalitätsschwerpunkten in Berlin und waren mehrfach Schauplatz von Gewaltverbrechen. In U-Bahnen, Bussen und vielen Bahnhöfen filmen schon jetzt Kameras das Geschehen. Viele Überfälle, Diebstähle und auch einzelne schwere Gewalttaten wie Morde wurden aufgeklärt, weil die Polizei mit Bildern aus Kameras nach den Tätern fahnden konnte. (hob)