Betrugsverdacht: Chef darf Mitarbeiter fotografieren

Mitarbeiter heimlich zu fotografieren, kann eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte bedeuten. Besteht Betrugsverdacht, sind diese unter Umständen aber hinzunehmen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Ein Mitarbeiter, der krankgeschrieben ist und einen begründeten Verdacht dafür liefert, dass seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht war, muss unter Umständen eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte hinnehmen. So geschehen in einem Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz verhandelt wurde. Die Richter entschieden, dass ein Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber auch ohne seine Zustimmung in der Öffentlichkeit fotografiert werden darf (Urteil vom 11.7.2013, Az.: 10 SaGa 3/13).

Geklagt hatte ein Produktionshelfer, der von Ende Februar bis Ende März 2013 zunächst von seinem Hausarzt und dann von einem Neurologen krankgeschrieben worden war. Umso erstaunter war sein Abteilungsleiter, als er ihn am 16. März 2013 in einer Autowaschanlage sah. Dort wirkte der Mann absolut fit und reinigte gemeinsam mit seinem Vater ein Fahrzeug.

Der Abteilungsleiter machte mit seinem Smartphone Beweisaufnahmen von der Szene, was von den beiden Männern bemerkt wurde. Es kam zu einer – auch körperlichen – Auseinandersetzung zwischen den Männern, wobei der Tathergang vor Gericht unterschiedlich dargestellt wurde. Das Unternehmen reagierte sofort und kündigte dem krankgeschriebenen Mitarbeiter wegen tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzten fristlos. Der legte vor Gericht daraufhin eine Kündigungsschutzklage ein. Außerdem beantragte er eine Einstweilige Verfügung: Sein Auftraggeber sollte ihn nicht mehr fotografieren oder heimlich kontrollieren dürfen und zudem die bereits vorhandenen Aufnahmen wieder herausgeben.

Während die Kündigungsschutzklage noch andauert, wurde der Antrag auf Einstweilige Verfügung in der ersten und in der zweiten Instanz bereits abgewiesen. Wie die Richter erklärten, umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht zwar das Recht am eigenen Bild. Es gehört also zum Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen, selbst darüber zu entscheiden, was mit Fotografien und Filmaufnahmen von ihm gemacht wird. Doch dieses Recht hat Grenzen.

So habe der Abteilungsleiter in Anbetracht der konkreten Situation keinesfalls rechtswidrig gehandelt, so die Richter in ihrem Urteil. Vielmehr können Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein, wenn es um die Wahrnehmung schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers geht. Ob das so ist, muss im Einzelfall entschieden werden. In diesem Fall stellten sich die Richter klar auf die Seite des Arbeitgebers: Da der Verdacht bestand, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht habe, durfte der Arbeitgeber beziehungsweise der Abteilungsleiter die körperlichen Aktivitäten des angeblich Erkrankten zu Beweiszwecken fotografieren. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sein unter diesen Umständen nicht schwerwiegend gewesen. Wie die Richter weiter erklärten, fehle es für einen Unterlassungsanspruch außerdem an der erforderlichen Wiederholungsgefahr durch den Arbeitgeber. ()