Bio-Hacker organisieren sich weltweit

Eine stetig wachsende Schar von Bio-Enthusiasten erobert in der heimischen Küche ein Terrain, das bislang nur Biotech-Laboratorien vorbehalten war.

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Eine stetig wachsende Schar von Bio-Enthusiasten erobert in der heimischen Küche ein Terrain, das bislang nur Biotech-Laboratorien vorbehalten war, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe. Heft 11/2009 ist ab dem 22.10. am Kiosk oder ab sofort portokostenfrei online zu bestellen .

Katherine „Kay“ Aull etwa hat sich per Online-Auktion für 90 Dollar eine so genannte PCR-Maschine besorgt, mit der sie zu Hause in ihrem Bostoner Apartment DNA-Proben vervielfältigen kann, um diese anschließend zu untersuchen. Ihr Ziel: Sie will am heimischen Küchentisch ins eigene Erbgut schauen – und herauszufinden, ob sie die Erbkrankheit Hämochromatose hat.
Aull gehört zu der Bostoner Gruppe der sogenannten „Do-it-yourself“-Biologen (DIY-bio), die zu Hause in improvisierten Labors experimentieren. Ähnlich wie man mit einem Chemiebaukasten auch in der heimischen Küche Substanzen verrühren und Messungen durchführen kann, arbeiten die Freizeitforscher mit biologischen Zutaten – wie Aull mit den eigenen Genen oder mit der DNA von Bakterien – und mit Gentechnik-Gerätschaften.

Weil es bislang keine vorgefertigten Gentechnik-Baukästen zu kaufen gibt, tauschen die DIY-Biologen sich regelmäßig über „Rezepte“ aus: detaillierte Tipps, wie Experimente ohne Profiausrüstung mit einfachen Haushaltsgeräten und -mitteln funktionieren, welche Laborgeräte man günstig selber bauen kann und wo unbedingt benötigte Apparate und Zubehör erhältlich sind. Weltweit haben sich der Gruppe, die sich vor gut einem Jahr in Boston gründete, Mitglieder über die Website www.diybio.org auf virtuellem Wege angeschlossen.

Mit beeindruckenden Erfolgen: Die Hobby-Biologin Meredith Patterson beispielsweise hat Joghurt-Bakterien mit neuen Genen zu Biosensoren umfunktioniert, zu mikrobiologischen Spürhunden für das Gift Melamin, mit dem 2008 in China Babynahrungsmittel verseucht worden waren. Für ihr Heimexperiment hat die hauptberufliche Programmiererin aus San Francisco einen überall erhältlichen Ultraschall-Schmuckreiniger zweckentfremdet. Das Leuchtgen hatte sie bei einem Biotech-Versand bestellt und sich über den geeigneten Rezeptor in einer Online-Stoffwechsel-Datenbank informiert. Das Ergebnis ihres Versuchs konnte sich buchstäblich sehen lassen: Kamen ihre frisierten Bakterien mit dem Melamin in Kontakt, leuchteten die Mikroben grün auf.

Die New Yorker DIY-Gruppe hat kürzlich sogar eine „DNA-Extraktions-Straßenparty“ veranstaltet, auf der Passanten mit ein wenig Spülmittel und Alkohol im Vorbeigehen Erbgut aus Äpfeln, Tomaten und Karotten isolieren konnten. Die Gründer der DIY-Bio-Gruppe, Jason Bobe und Mackenzie Cowell, sehen sich als Bio-Hacker, in Anlehnung an die Computer-Hacker der achtziger Jahre. Sie wollen das Biotech-Handwerk so weit vereinfachen, dass Menschen mit Wissen oder Interesse an Biotechnologie auch ohne Profilabor kreativ arbeiten können. (wst)