Bürgerrechtler: Britischer Pornofilter blockt fast jede fünfte Website
Offenbar schießen die britischen Provider mit ihren Pornofiltern deutlich übers Ziel hinaus: Rund ein Fünftel der beliebtesten Websites soll von Sperrungen betroffen sein, monieren Bürgerrechtler.
In Großbritanniens Filterung für Online-Pornographie bleibt offenbar ein erheblicher Teil nicht-jugendgefährdender Websites hängen: Die Bürgerrechtsvereinigung Open Rights Group (ORG) will ermittelt haben, dass rund ein Fünftel der 100.000 beliebtesten Netzpräsenzen zumindest von einigen der teilnehmenden Provider gesperrt wird. Darunter finden sich zum Beispiel auch Twitter und Reddit, die man nicht unmittelbar als jugendgefährdend bezeichnen kann. Als Maß der Beliebtheit dienten Rankings der Amazon-Tochter Alexa.
Das Tool, mit dem die Aktivisten ihre Messungen vorgenommen haben, bieten sie zur kostenlosen Nutzung unter www.blocked.org.uk an. Eingegebene URLs sollen sich darüber auf Sperren bei den wichtigsten britischen Providern prüfen lassen. Ein Sprecher der ORG zeigte sich gegenüber dem übrigens auch geblockten Blog Torrentfreak überrascht über das Ausmaß. Vom Ziel, Kinder vor Pornographie zu schützen, seien die Filter damit weit entfernt – einschlägige Seiten würden bei der zugrunde gelegten Liste gerade mal vier Prozent ausmachen. Die von der ORG aufgeführten Einzelbeispiele für Filteropfer umfassen unter anderem ein Frauenrechtsblog sowie die Webpräsenz eines Verkäufers von Porsche-Sportwagen.
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Schon zuvor gab es Berichte darüber, dass die Filter der britischen Provider übereifrig arbeiten: Unter anderem wurden Websites zur Aufklärung oder von Beratungsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs gesperrt – sogar ein Update für das MMORPG League of Legends blieb wegen der zufälligen Buchstabenkombination „sex“ in einem Dateinamen im Filter hängen. Im Januar wurde bekannt, dass eine Arbeitsgruppe der Regierung Whitelists für unabsichtliche blockierte Seiten betreuen soll.
Die Filter wurden von den meisten britischen Providern um den Jahreswechsel sowohl für Mobilfunk wie Breitband scharf geschaltet. Sie sollen auf Geheiß der Regierung automatisch eingeschaltet sein, es sei denn, dass ein Erwachsener den Wunsch nach Abschaltung bekundet. Dabei sollen die Filter auch individuell eingestellt werden können.
Premier David Cameron hatte den landesweiten Pornofilter im vergangenen Juli vorgestellt. Er begründete die Maßnahme unter anderem damit, Kinder vor nicht altersgemäßen Inhalten schützen zu wollen. Auch in Deutschland wurde schon des Öfteren der Ruf nach vorinstallierten Pornofiltern laut, etwa von Jugendschutzbeauftragten. (axk)