Bundestag will Geheimdienste mit eigener Taskforce kontrollieren

Das Parlament will nach der Aufarbeitung der NSU-Morde die Kontrolle über die Geheimdienste verschärfen. Ob das klappt, ist offen. 20 Frauen und Männer sollen den 11 500 Mitarbeitern der Dienste auf die Finger schauen.

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  • dpa

Der Bundestag will die Arbeit der Geheimdienste mit mehr Mitarbeitern und mehr Geld schärfer kontrollieren. "Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, künftig zu schnüffeln, zu bellen und wenn nötig auch zu beißen", sagte der SPD-Obmann im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr), Burkhard Lischka, am Dienstag in Berlin. Der Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) sagte: "Wir machen jetzt auch Hausbesuche." Für die Umsetzung der Aufgaben stehen jährlich etwa 400.000 Euro mehr als bisher zur Verfügung.

Dem BND mehr auf die Finger schauen.

(Bild: dpa, Soeren Stache)

In dem Parlamentsgremium sind neun Abgeordnete aus allen Fraktionen für die Kontrolle des Bundesnachrichtendiensts (BND), des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) und des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) zuständig. Den insgesamt 20 Angehörigen des PKGr (Abgeordnete und Mitarbeiter) stehen rund 11.500 Mitarbeiter der Geheimdienste gegenüber. Die Abgeordneten wollen sich in den nächsten Monaten auf sieben Themenbereiche konzentrieren.

Laut Lischka geht es dabei um die Umsetzung der Empfehlungen des Untersuchungsausschusses zu den Morden der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) und den umstrittenen Einsatz sogenannter Verbindungsleute aus der rechtsextremistischen Szene. Zudem soll die Spionageabwehr durch das dafür zuständige BfV durchleuchtet und die BND-Arbeit im Bereich der organisierten Kriminalität kontrolliert werden.

Beim MAD wollen die Abgeordneten dessen Maßnahmen gegen extremistische Vorgänge in der Bundeswehr in den Fokus nehmen. Zudem soll es um die BfV-Kooperation mit ausländischen Diensten bei der Terrorabwehr und die technische Frage gehen, wie zuverlässig das vorgeschriebene Herausfiltern deutscher Teilnehmern bei der Überwachung von Internet und anderer Telekommunikation funktioniert.

Den Parlamentariern steht künftig eine siebenköpfige Taskforce zur Seite. Diese soll unter anderem dabei helfen, wenn nötig auch unangemeldet die Dienste zu besuchen, Akten einzusehen und Spione zu befragen. Binninger sagte, mit den Neuerungen könne künftig "auf einem anderen Level" kontrolliert werden. In der Vergangenheit habe man zwar die Kontrollbefugnisse gehabt, sie aber oft wegen der geringen Mitarbeiterzahl nicht anwenden können. Lischka sagte, das Gremium habe sich häufig in der Themenvielfalt verheddert und in erster Linie reagiert statt agiert.

Kommende Woche reist eine Delegation des PKGr erstmals zu einer Konferenz der parlamentarischen Kontrollgremien jener Länder nach London, die sich zur Gruppe der Five Eyes zusammengeschlossen haben. Bei dieser Zusammenarbeit der USA mit Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland geht es um einen engen Austausch der jeweiligen Geheimdienste. Bei der Konferenz soll es unter anderem um eine verbesserte internationale Spionagekontrolle gehen. Auch die Enthüllungen über die Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA sollen Thema sein. (mho)