CES: DTS nimmt Kampf um Rundum-Sound-Zukunft gegen Dolby auf

Der kalifornische Soundtechnik-Entwickler will im März einen neuen Codec veröffentlichen, der objektorientierten Surround Sound ermöglicht, wie man ihn bereits von Dolby Atmos kennt.

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CES: DTS nimmt Kampf um Rundum-Sound gegen Dolby auf

(Bild: Nico Jurran / heise online)

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Von
  • Nico Jurran

Mitte September 2014 hatte DTS auf der Broadcaster-Fachmesse IBC noch verkündet, bei der aktuellen Runde des Wettstreits um das führende Surround-Sound-Format im Heimkino aussetzen zu wollen – obwohl das Unternehmen schon damals mit "DTS UHD" einen passenden Codec im Köcher hatte. Auf der Messe war Dolby Atmos präsentiert worden, das mittlerweile in den Flaggschiff-Receiver aller großen Hersteller zu finden ist, sowie das Konkurrenzformat Auro-3D, das sich im Heimkino mit ausgewählten Denon-Receivern wiedergeben lässt.

Nun hat DTS seine Meinung geändert und präsentiert in Las Vegas seine Neuentwicklung unter dem Namen "DTS:X" mit der Aussage, damit im März auf den Weltmarkt zu kommen. Die Unterstützung großer Receiver-Herstellern konnte sich die kalifornische Soundschmiede dabei nach eigenen Angaben bereits sichern; unter anderem wollen Denon, Integra, Marantz, Onkyo, Pioneer und Yamaha passende Modelle noch in diesem Jahr auf den Markt bringen.

Decke des DTS:X-Demoraums. In dem kleinen runden Raum waren sonst nur zwei Subwoofer zu sehen, die restlichen Lautsprecher hinter einer Leinwand versteckt.

(Bild: Nico Jurran / heise online)

Wie Dolby Atmos arbeitet DTS:X mit "Audio-Objekten", die in Echtzeit auf die Lautsprecher verteilt werden. Im Heimkino geht es bei Dolby Atmos vor allem darum, bestehende 5.1- oder 7.1-Setups um zwei oder vier Deckenlautsprecher zu ergänzen. Im 360 Grad-Demoraum auf der CES gibt es davon gleich 8, hinzu kommt eine nicht genannte Zahl von Lautsprechern, die rund um die Zuhörer hinter einer Leinwand installiert sind. Das Ergebnis ist überaus beeindruckend: Stimmen, Fliegen und Rennwagen schießen akustisch um den Zuschauer herum, ohne dass es eine Lücke gibt.

Die Info, wieviele Kanäle DTS:X letztlich im Heimkino bieten wird, rückt DTS jedoch nicht heraus: Details soll es erst zum offiziellen Start im März geben. Sicher ist aber bereits, dass DTS:X auch die von Dolby entwickelten Atmos-Lautsprecher unterstützen wird, die für die oberen Kanäle gedachten Töne über die Decke zum Zuhörer reflektieren. Sie richten sich an Nutzer, die keine Lautsprecher an die Decke montieren wollen. Und auch wer mit an der Wand, knapp unter der Decke montierte Lautsprechern (Front und Rear High) arbeiten möchte, kann dies tun.

Die Übermittlung der zusätzlichen Daten funktioniert ebenfalls analog zu Dolby Atmos: Werden sie dort als Erweiterung des Codecs TrueHD von Blu-ray Disc angeliefert, ist DTS:X eine Erweiterung von DTS HD Master Audio. In beiden Fällen bleibt das Format abwärtskompatibel mit Anlagen, die keine Audio-Objekte unterstützen. Gewöhnliche Receiver "sehen" die jeweilige Erweiterung schlicht nicht. Ein neuer Blu-ray-Player wird für DTS:X aber ebensowenig benötigt wie aktuell für Dolby Atmos.

Die Anbindung ans Grundformat ist bei Dolby Atmos in der Praxis aktuell problematisch, da es immer wieder vorkommt, dass in der deutschen Fassung der Blu-ray Disc ein anderer Codec zum Einsatz kommt. FĂĽr DTS:X spricht, dass aktuell die Mehrzahl der Blu-rays mit DTS-HD-Master-Audio-Spur auf den Markt kommen.

Bei einer in DTS:X ĂĽbertragenen SportĂĽbertragung kann man seinen eigenen Tonmix erstellen. DTS nannte bislang aber keine Sender, die das unterstĂĽtzen wollen.

(Bild: Nico Jurran / heise online)

Doch DTS will DTS:X breiter aufstellen: So zeigt DTS, welchen Vorteil DTS:X für die Wiedergabe auf Kopfhörern haben könnte. Da sich hier etwa die Stimme des Sängers und einzelne Instrumente als einzelne Audioobjekte übertragen lassen, wird eine Soundbearbeitung einfacher. In der Folge ließe sich ein in DTS:X übertragener Titel etwa besser an das jeweilige Kopfhörermodell anpassen.

Weiterhin demonstriert das Unternehmen, wie sich der Codec nutzen ließen, um bei der Übertragung eines Fußballspiels den Zuschauerton, den Ton von der Seitenlinie und vom Trainer sowie die Kommentatoren-Spur als einzelne Objekte zu übertragen. Die Idee dahinter: Mit dem passenden Decoder kann sich jeder Zuschauer daheim selbst den TV-Ton aus diesen Komponenten nach Belieben zusammenmischen. DTS:X wird dabei als Erweiterung des gewöhnlichen, verlustbehafteten DTS-Codecs transportiert. Dass der neue Codec von DTS allerdings auch nur mittelfristig bei der Übertragung deutscher TV-Programme zum Einsatz kommt, ist unwahrscheinlich, da schon der Grundcodec aktuell nicht verwendet wird.

DTS:X dürfte folglich zunächst ein Thema für kommende Blu-ray Discs und eventuell Video-on-Demand-Dienste werden. (nij)