Das Monster auf dem Schreibtisch: Virtuelle Realität per Hologramm

Das Start-up Magic Leap arbeitet an Hologrammen, die mit der natürlichen Umwelt verschmelzen. Das Ziel: Bewegliche 3D-Bilder wie aus „Star Wars“, die sich aus unterschiedlichen Winkeln betrachten lassen.

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Magic Leap
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Karsten Schäfer

Wenn plötzlich kleine blaue Monster zwischen Stiften, Zetteln und Tastatur auf dem Schreibtisch herumlaufen, dann könnte das das Werk von Magic Leap sein. Denn das Start-up aus Florida reichert die natürliche Umwelt mit gestochen scharfen Hologrammen an und erzeugt damit Augmented Reality in 3D. Das berichtet das Magazin Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 5/2015 (am Kiosk oder online zu bestellen).

Die bisherigen Technologien für virtuelle und erweiterte Realität in Filmen, Smartphone-Apps und Elektronikgeräten haben ihre großen Versprechen meist nicht erfüllt und enttäuschen vor allem durch schlechte Bildqualität. Der Grund dafür ist, dass sie fast immer auf stereoskopischem 3D beruhen – eine Methode, bei der das menschliche Sehen ausgetrickst wird. Dabei entsteht der Eindruck von Tiefe, indem jedem Auge ein eigenes Bild des Objekts aus einem anderen Winkel vorgespielt wird. Das kann zu Kopfschmerzen oder Übelkeit führen, weil die Betrachter gezwungen sind, auf einen zweidimensionalen Bildschirm in etwas Entfernung zu blicken und gleichzeitig Bilder zu verfolgen, die sich vor ihnen zu bewegen scheinen.

Das wollten Rony Abovitz und John Graham Macnamara anders machen. Die beiden begeisterten sich für die Idee, bewegliche Hologramme wie in „Star Wars“ zu erzeugen – also 3D-Bilder, die sich aus unterschiedlichen Winkeln betrachten lassen. Sie entstehen durch die exakte Nachbildung von Lichtfeldern, also jenen Mustern, die sich bilden, wenn Licht von einem Objekt reflektiert wird. Allerdings stellte Abovitz bald fest, dass es sehr teuer und zeitaufwendig werden würde, holografische Bilder auch nur mit geringer Auflösung zu erzeugen.

Wie die Lösung genau aussieht, die das Team bei Magic Leap gefunden hat, ist aus Angst vor der Konkurrenz noch weitgehend geheim. Mit Sicherheit lässt sich aber sagen, dass ein winziger Projektor Licht auf eine transparente Linse wirft, die es dann weiter auf die Retina leitet. Dieses Licht vereint sich so gut mit dem Umgebungslicht, dass der visuelle Kortex künstlich eingefügte Objekte kaum noch von echten unterscheiden kann.

Wenn es gelingt, die Technologie klein, bequem und benutzerfreundlich zu machen, werden spannende Anwendungen gewiss nicht lange auf sich warten lassen. Das sieht man bei Google wohl genauso. Der Suchmaschinenriese ist im vergangenen Oktober mit 542 Millionen Dollar bei Magic Leap eingestiegen.

Offenbar will Magic Leap seine Technologie in Form einer etwas klobigen Sonnenbrille anbieten, verbunden mit einem quadratischen Kästchen, das in die Tasche gesteckt wird. Klar ist, dass es sehr schwierig werden wird, die Technologie derart stark zu verkleinern. Um die Probleme zu lösen, stellt Magic Leap derzeit reihenweise neue Mitarbeiter ein.

Das Unternehmen sucht nach Softwareentwicklern für sämtliche relevanten Disziplinen von Augen-Tracking und Iriserkennung bis zu künstlicher Intelligenz. Darüber hinaus braucht Magic Leap Optik-Experten, Spieleentwickler und andere Mitarbeiter, die sich interessante virtuelle Objekte ausdenken. Passend dazu hat Magic Leap den Science-Fiction-Autor Neal Stephenson als Chef-Futuristen verpflichtet, dessen Roman „Snow Crash“ aus dem Jahr 1992 eine virtuelle Welt namens Metaverse beschreibt. (jle)