Das vermessene Ich: Körper- und Lebensdaten sammeln
Die Quantified-Self-Idee wandert langsam in den Mainstream: Immer mehr Hersteller bringen Körpermessgeräte auf den Markt – und wittern ein Riesengeschäft. Emanzipiert uns die Technik oder droht eine "Körperdiktatur"?
Für die einen ist es der Anfang einer "Körperdiktatur", für die anderen eine Riesenchance für Wissenschaft und Medizin: Quantified Self polarisiert. 2007 von zwei Wired-Redakteuren ins Leben gerufen, geht es der Bewegung vor allem um das Sammeln möglichst vieler Körper- und Lebensdaten. Was man mit den Daten anfängt, ist jedem selbst überlassen: Einige Quantified-Self-Anhänger wollen ihre sportlichen Leistungen verbessern, andere herausfinden, woher ihre Migräneanfälle kommen – und manche finden auch einfach nur Statistiken spannend.
Die Industrie wittert derweil ein Riesengeschäft und bringt immer mehr Geräte zur Selbstvermessung auf den Markt. Dank Internetplattformen wie TicTrac lassen sich sich die Körper- und Lebensdaten verknüpfen und grafisch aufbereiten.
Datensammeln als Privatvergnügen – in Deutschland, dem Land der Hausverpixeler, sieht man das traditionell skeptisch. Während viele Medien das Bild vom effektivitätsgeilen Quantified-Self-Maschinenmenschen zeichnen, zieht die Autorin Juli Zeh gleich die Nazikeule: "Es gab in Deutschland schon einmal eine Bewegung, die meinte, den Wert eines Menschen am Kopfumfang ablesen zu können".
In einer Titelstrecke versucht c't, sich dem Phänomen unvoreingenommen zu nähern – unter anderem mit einem Vergleichstest. 19 unterschiedlichen Körpermessgeräten hat die c't-Redaktion im Dauertest auf den Zahn gefühlt: Aktivitätssensoren wie dem Bodymedia-Fit-Armband, Nike-Fuelband und Fitbit-Ultra-Riegel, Schlaftrackern wie Zeo und Lark sowie WLAN-Waagen.
Florian Schumacher, der das Quantified-Self-Netzwerk in der Öffentlichkeit vertritt, berichtet im Interview, was ihn an Körperdaten fasziniert; Christian Heller alias Plomlompom beantwortet Fragen über sein Gehirn, das er in ein öffentlich zugängliches Wiki ausgelagert hat. Außerdem hat die c't-Redaktion ausprobiert, was bei einer Genanalyse des US-Unternehmens 23andMe herauskommt.
Mehr dazu:
- Das vermessene Ich, Körper- und Lebensdaten sammeln rund um die Uhr (c't 18/12, ab Montag im Handel)
(jkj)