Deutsche TLD-Bewerber drängen auf den Start

Trotz des zögerlichen Verhaltens der ICANN hoffen deutsche Unternehmen weiterhin auf einen Start neuer Top-Level-Domains wie .hamburg, .köln oder .berlin im Dezember.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) legte sich bei ihrem Brüsseler Treffen trotz vieler Nachfragen nicht auf einen klaren Zeitplan für die Einführung neuer Top Level Domains (TLDs) wie .hamburg, .köln, .berlin, .bayern oder .tui fest. Die nach Brüssel gereisten deutschen Unternehmen, die mit neuen TLDs oder sie unterstützenden Diensten an den Start gehen wollen, drängen auf einen Start im Dezember. Der Vorstand der ICANN beschloss am Freitag, offene Fragen zu den Bewerbungsbedingungen bei einer Sondersitzung am 24. und 25. September zu klären.

Gleichzeitig warnten die Vorstandsmitglieder, dass "einige Dinge sich der Kontrolle des Vorstands entziehen". In Brüssel hatte insbesondere das Gremium der bei ICANN vertretenen Regierungen erklärt (GAC), dass die von ICANN vorgesehenen Einspruchsverfahren gegen "unmoralische" TLDs nicht durchführbar seien und daher nach einer anderen Lösung gesucht werden müsse.

Dirk Krischenowski, Geschäftsführer von dot.berlin, sagte, er gehe nach wie vor davon aus, dass ICANN im Dezember den Startschuss gibt. Ein TLD-Gipfel mit allen Interessengruppen solle die letzten Fragen noch im Herbst klären, empfahl er. Auf die Frage, inwieweit sich ICANNs Vorstand über Bedenken der Regierungen hinwegsetzen könne, antwortete Krischenowski: "Manche Dinge werden auch nicht mehr besser, wenn man noch länger wartet."

Andreas Schreiner von InterNetWire, der mit der Plattform PartnerGate ein Angebot für Betreiber Unternehmens-TLDs und anderer TLDs machen will, forderte, ICANN müsse sich im Zweifel auch über Einzelinteressen hinwegsetzen können. "Die vierte Version des Bewerberhandbuchs kann zur Endfassung werden", meint Schreiner. Für InterNetWire selbst noch ein offener Punkt ist das aktuell von ICANN vorgesehene Verbot, Registry und Registrar-Dienste aus einer Hand anzubieten. Eine 60-köpfige Arbeitsgruppe der ICANN war hier bislang zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Neu, etwa mit Partnern, aufstellen müssten sich bei einem Verbot auch Registrare wie KeySystems, die ins Registry-Geschäft einsteigen wollen.

Registrare wie InternetX lehnen sich angesichts der Debatten vorerst zurück und warten ab, was passiert. Wenn zahllose neue TLDs eingeführt werden, werde man sich vermutlich auch auf attraktive, größere konzentrieren. Eine City-TLD wie nyc werde viele Nutzer anziehen, schätzte ein Vertreter von InternetX. Deutsche Städte wie .hamburg und .köln seien dagegen schon an der Grenze. Eine andere Position vertritt EPAG, deren Geschäftsführer Alexander Schwertner möglichst alle TLDs anbieten will. Schon jetzt habe man TLDs mit wenigen Dutzend Registrierungen im Angebot.

Reichlich erstaunt zeigte sich Schwertner darüber, wie Registrare beim ICANN-Treffen in Brüssel für Missbräuche von Domains an den Pranger gestellt wurden. Praktisch täglich gab es eine, meist aber mehrere Sitzungen zu diesem Thema. Strafverfolger, Vertreter großer Markenrechts-Verbände – jedermann bezichtige die Registrare übler Geschäftspraktiken. Weit über 100 ICANN-Registrare erhielten vom KnuJon, einem privaten Monitoring-Dienst, das Etikett "vertragsbrüchig gegenüber ICANN". "Alle möglichen Leute wollen jetzt an den Verträgen zwischen Registraren und der ICANN mitschreiben", wundert sich Schwertner.

Michael Busch vom Safer Internet Projekt der EU-Kommission schlug beim ICANN-Treffen in Brüssel vor, ein rasches Löschungsverfahren für kinderpornographische Domains weltweit einzuführen, das den Schiedsverfahren der World Intellectual Property Organisation (WIPO) gegen Cybersquatter ähnle. ICANN solle mit der EU-Kommission, Strafverfolgern und anderen Experten eine Task Force gründen, um ein solches Verfahren auszuarbeiten, regte er an. (ck)