Deutschlandradio baut Verbreitung deutlich aus
Programme wie Deutschlandfunk oder Deutschlandradio Kultur seien kommerziell nicht refinanzierbar, meint Intendant Willi Steul. Das neue, rein digitale Programm DRadio Wissen hält er für einen Überraschungserfolg.
Das Deutschlandradio steht vor einem Durchbruch beim Empfang seiner Kulturwelle. In Nordrhein-Westfalen werde Deutschlandradio Kultur von Juli an seine Reichweite von heute 1,2 Millionen auf 10,8 Millionen Menschen ausbauen. Damit werde die Verbreitung im bevölkerungsreichsten Bundesland verzehnfacht, sagte Intendant Willi Steul gegenüber dpa. Bisher kann Deutschlandradio Kultur mit täglich 421.000 Hörern nur in rund 60 Prozent des Bundesgebiets über UKW empfangen werden.
Für Steul, der seit 1. April 2009 Deutschlandradio-Intendant ist, bleibt der "Flickenteppich" von 318 Frequenzen, über die Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur derzeit ausgestrahlt werden, "ein teurer Alptraum". Mit der neuen UKW-Frequenz Langenberg 96,5 MHZ, die bisher dem britischen Militärsender BFBS gehörte und vor allem das Ruhrgebiet abdeckt, könne das Deutschlandradio 13 Kleinfrequenzen abschalten. Den Deutschlandfunk, der 70 Prozent des Bundesgebiets abdeckt, hören täglich rund 1,5 Millionen Menschen.
Große Hoffnungen auf geringere Technikkosten verbindet Steul mit dem Digitalfunk DAB Plus. Das Deutschlandradio habe jüngst drei bundesweite Frequenzen zugesprochen bekommen. Allerdings steckte die Verbreitung der DAB-Norm in Deutschland noch in den Kinderschuhen. "Aber da ist mehr Musik drin, als manche glauben." In Frankreich etwa habe Präsident Nicolas Sarkozy die DAB-Norm durchgesetzt.
Mit DRadio Wissen hat der Sender nun Neuland betreten: Seit Mitte Januar ist das Programm digital über Kabel, Satellit, DAB sowie im Internet mit einem eigenen Angebot präsent (c't/heise online arbeitet mit dem Sender beim c't-Gespräch zusammen, das Donnerstags und Freitags in der Rubrik Medien ausgestrahlt wird). "Wir haben mit täglich durchschnittlich 40.000 Klicks einen Überraschungserfolg erzielt", sagte Steul. "Es ist erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit sich die Links zum Programm auch über die Online-Netzwerke verbreiten." Während die beiden Hörfunkwellen vor allem erwachsene Hörer binden, soll DRadio Wissen als "ständiges Experiment" vor allem junge Menschen anlocken.
Eher gelassen sieht Steul die Debatte um einen Werbestopp bei ARD und ZDF. "Das Deutschlandradio ist ohnehin werbefrei – und das ist auch gut so". Ein Ende der Werbung bei ARD und ZDF würde eine Gebührenerhöhung von 1,42 Euro bedeuten. "Der finanzielle Druck auf die Öffentlich-Rechtlichen würde erheblich wachsen", sagte Steul. "Am Ende steht die Frage, ob die Gesellschaft einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Form haben will oder nicht."
"Beim Deutschlandradio haben wir Hörer, die jede Form von Werbung ablehnen. Aber Werbung ist nun mal Teil unserer Gesellschaft." Die Tatsache, dass in den gebührenfinanzierten ARD-Programmen auch Werbung vorkommt, "dürfte den Blick mancher Redakteure für die normalen Dinge dieser Welt aber auch etwas erleichtern", sagte Steul.
Programme wie Deutschlandfunk oder Deutschlandradio Kultur seien kommerziell ohnehin nicht refinanzierbar. "Wir haben beim Deutschlandfunk einen Wortanteil von 80 Prozent. Und wenn wir Musik senden, dann nicht von Festplatte, sondern journalistisch ausgesucht. Und diese Programme sind teuer." (jk)